Mal wieder ein Schwurblerkongress in einer öffentlichen Einrichtung

In den letzten Jahren musste ich mich ja schon mehrfach darüber aufregen, dass Kongresse mit Inhalten von Quantenheilung über Verschwörungstheorien bis Reichsbürgerpropaganda in von Steuergeldern gebauten Stadthallen und Konferenzzentren stattfinden durften.

Dieses Jahr ist es mal wieder soweit – mit dem dritten derartigen Kongress innerhalb von zwei Jahren in immer derselben städtischen Halle in Bergheim, weswegen ich dieses Mal einen offenen Brief an den Bürgermeister verfasst habe, für den ich auf die Schnelle 26 Mitunterzeichner gefunden habe – von Bürgern aus der Region bis zu Europas wohl renommiertestem Professor für Alternativmedizin.  Ein paar Hintergrundrecherchen gab es für die Kommune auch noch. Mal sehen, was daraus wird.

Offener Brief Bürgermeister Bergheim

Recherchen Akasha-Congress

Update 25.1.18: Inzwischen gibt es eine Reaktion der Stadt, in bester Tradition dessen, was man in Amerika als CYA (cover your ass) bezeichnet… nur leider ohne das eigentliche Problem zu erkennen.

Man könnte ja sagen, in so einer Situation könnte man auch die Stadt erst einmal vertraulich auf die problematische Veranstaltung aufmerksam machen, ehe man an die Öffentlichkeit geht. Leider zeigt unsere Erfahrung mit ähnlichen Veranstaltungen in Hessen, dass man da nicht einmal als örtlicher Bürger eine vernünftige Antwort erhält. Zudem ist die Stadt Bergheim ja sozusagen Wiederholungstäter, und Proteste gab es schon gegen den Quer-Denken-Kongress dort 2016.

Vordergründig handelt es sich beim Akasha-Congress um eine reine Altenaivmedizinveranstaltung ohne offensichtliche politisch extremistische Inhalte. Nicht, dass der medizinische Unsinn nicht schlimm und gefährlich genug wäre. Eine Frau Grünberg hält einen Vortrag mit dem Titel: „Brustkrebs mit Metastasen – na und?“.  Der Heilpraktiker Rainer Körner vermarktet sein „BioLogisches Heilwissen“, das er, wie er auf seiner eigenen Homepage schreibt, aus Ryke Geerd Hamers Germanischer Neuer Medizin entwickelt hat. Gleich drei Referenten kommen aus der MMS-Szene: Ätzende Bleichmittel als angebliche Medizin. Dazu ist vom GWUP-Blog bis zu Publikumsmedien und Behörden inzwischen so viel geschrieben worden, dass ich mir das an dieser Stelle denke ich sparen kann – auch wenn man beim Kopp-Verlag Bücher bestellen kann, die meinen, auch da ginge Probieren über Studieren. Klar, man kann auch probieren, ob es wirklich gefährlich ist, an eine Hochspannungsleitung zu fassen… aber halt nur einmal. Die Kongressreferentin Kerri Rivera praktiziert übrigens eine Form von MMS-Wahn, die ich immer für aufgebauschte Einzelfälle einiger Verwirrter gehalten habe: In ihrer Klinik in Mexiko traktiert sie autistische Kinder mit Chlorbleiche-Einläufen. Und nur für den Fall, dass jemand in diesem Kontext den Quantenquark vermisst: Mit von der Partie ist natürlich auch wieder Enrico Edinger, dessen bizarre Ansammlung akademischer Titel von lustigen Instituten aus Russland jedes Jahr anders auszusehen scheint – vermutlich aus juristischen Gründen. Ob Edinger in seinem Verfahren wegen Betrugs und Titelmissbrauchs vor zwei Jahren eigentlich verurteilt worden ist, kann ich auf die Schnelle nicht herausfinden. Wie schon beim letzten Akasha-Kongress 2016 (auch in Bergheim) und bei Reichsbürger-Aktivist Michael Vogts Quer-Denken-Kongressen 2014, 2015 und 2016 (letzterer auch in Bergheim) und geplant auch für den Gießener WIR-Kongress 2016 erzählt Edinger von der Überlegenheit russischer Weltraummedizin. Er wird also wahrscheinlich mal wieder seinen ENKI Disconder vermarkten, den man sich zum Preis von 1800 Euro um den Bauch binden kann, um die Quanteninformationen seines Unterbewusstseins umzuprogrammieren. Vielleicht stellt er ja auch seine ENKI-Bandanahaube zum Preis von 180 Euro vor, über die im Shop irgendwas mit Infrarotstrahlung fabuliert wird und die wohl tatsächlich funktioniert – als Mütze jedenfalls.

Auch wenn es oberflächlich so aussieht, als wäre das alles – der Akasha-Congress hat auch eine Anzahl höchst bedenklicher politischer Bezüge. Aufgefallen ist mir das zugegebenermaßen selbst als erstes, weil mich das Webdesign irgendwie an den verhinderten WIR-Kongress in Gießen erinnerte, bei dem ja auch Reichsbürger-König Peter Fitzek eine Audienz zugesagt hatte, die er aber ohnehin nicht hätte geben können, weil er da schon im Knast saß.

Akasha-Congress:

WIR-Kongress:

Ja, der Motivations-Betz, der zu meistgefragen Themen bei Sekteninfo NRW gehört, ist auch wieder dabei, aber ich kann mich irgendwie nicht dazu bringen, den interessant zu finden. Da gibt es Schlimmeres.

Die Kongresswebsite schreibt selbst, dass die Moderatorin Vesna Kerstan ihre Karriere bei Jan van Helsings Verschwörungskanal secret.tv begonnen hat – ja, der van Helsing, dessen bekanntestes Buch jahrelang als volksverhetzend beschlagnahmt war. Referent Enrico Edinger berichtet auf der Seite seiner eigenen Firma, dass er schon auf einer Veranstaltung des Honigmanns gesprochen hat, der wegen seiner unbelehrbaren Vorliebe für nationalsozialistische Symbole gerade zur Zeit eine Haftstrafe absitzt. Auf den Referenten Karl Probst berufen sich nicht nur die Vertreter der Germanischen Neuen Medizin. Psiram berichtet noch über ein paar Leichen aus seinem Keller, die ich nach so langer Zeit leider nicht mehr nachrecherchieren kann. Er soll schon 2004 gegenüber seinen Patienten Reichsbürgerideologie vertreten haben (als die noch kaum einer kannte), und weil er demnach auch seine Steuern nicht zahlen wollte, soll es in einem Ermittlungsverfahren des bayerischen Staatsschutzes auch eine Hausdurchsuchung bei ihm gegeben haben. Darüber soll er sich dann auch noch im Neuschwabenlandforum des unfreiwilligen Verschwörungstheorie-Internetstars Dr. Axel Stoll ausgelassen haben. Anfangs- und Schlussredner des letzten Akasha-Kongresses 2016, auch in Bergheim, waren Jo Conrad und Michael Vogt, die Initiatoren der Reichsbürgerkongresse Aufbruch Gold-Rot-Schwarz. Gerade über Vogt habe ich hier ja eigentlich schon genug geschrieben. Die Akasha-Congress-Website verlinkt auch noch ein Video von Initiator Ali Erhan im Interview mit Jo Conrad auf dessen Kanal bewusst.tv und ein Video von Stein-Zeit.tv. Andere Gäste auf Stein-Zeit.tv dürfen regelmäßig über „Die Souveränitätslüge“ fabulieren, unwidersprochen behaupten, die Bundesrepublik Deutschland sei eigentlich kein Staat oder für den „Freundeskreis Heimat und Recht“ werben.

Bei Reichsbürgern hört der Spaß nun wirklich auf.

Wobei, die Akasha-Congress-Website verlinkt ja auch diverse Sendungen des Onlineradios Okitalk, und wenn ich auf youtube sehe, wie Okitalk noch im Januar 2018 Werbung für die vom Insolvenzverwalter zerfledderten Reste von Peter Fitzeks Königreich Deutschland macht, während der im Knast sitzt, muss ich doch wieder lachen.

 

 

16 Gedanken zu „Mal wieder ein Schwurblerkongress in einer öffentlichen Einrichtung“

  1. Quantenquark-Beiträge sind so sinnvoll wie ein Kropf. Nur wer viel Angst vor alternativen Heilmethoden hat bzw. Ein Nutzniesser von der Pharma ist,macht sich soviel Mühe so einen Quark zu schreiben. Luser eben doch .

  2. Ich bin einfach nur fassungslos! Das ist der Fluch des Internets! Jeder muss sich auf sich selbst verlassen und erkennen wann jemand für Schwachsinn bezahlt wird.

  3. Ansatz der Homöopathie: Substanzen wirken in ihrer grösstmöglichen Verdünnung

    (Nicht nur meine) These: Fast jede chemische Verbindung/Element ist zumindest in minimaler Menge in der Umwelt/Atmosphäre

    Folge: Ich nehme unentwegt alle möglichen Globuli gleichzeitig zu mir. Problem gelöst.

    Falls das der Heilmethode widersprechen sollte: Pech gehabt, denn die gleichzeitige Einnahme aller möglichen Globuli kann man nicht verhindern. Und dass es an der Darreichungsform liegt, kann nun wirklich nicht sein.

    Ich bin nicht gegen etwas, das ich ohnehin für wirkungslos halte und das bis auf die minimale Zuckermenge unschädlich sein dürfte. Und wenn der einzige Effekt der ist, dass die psychische Komponente bei einigen greift: Prima, dann habt ihr Glück gehabt. Weiter so.

    1. Bei Veranstaltungen wie diesen wäre man ja auch schon froh, wenn es nur um Homöopathie ginge. Die scheint den Rechtsaußen unserer Gesellschaft aber irgendwie zu harmlos zu sein, und bei Germanischer Neuer Medizin, MMS oder Petroleumtrinken kann man finde ich nicht mehr so tolerant sein.
      Bei der Homöopathie finde ich es einfach nur wichtig, dass man ehrlich zu kranken Menschen ist und ihnen nicht vorgaukelt, das sei Medizin.

  4. Lieber Herr Dr. Hümmler,

    ich hätte mich hierzu über einen wissenschaftlichen und unemotionalen Artikel mit Hand und Fuß von Ihnen gefreut. Und ich bin sicher, das können Sie auch.

    Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute!

    1. Ob eine Stadt ihre Immobilien an Reichsbürger und Quacksalber vermieten sollte, ist eine Wertefrage und als solche nicht wissenschaftlich zu beantworten.
      Und ganz ehrlich – ich sehe keinen Grund, da unemotional zu bleiben.

  5. Es geht hier um den Geldadel, der ist auch bereit andere Medizin zu verabreichen, wie Bomben auf Bagdad die 1945 nicht mehr über Deutschland abgeworfen werden durften.Wie Uranmunition oder schwangere Frauen an der Ostfront, Frauen die gebären wollen, in Bereitschaft zu töten, eine hervorragende Medizin ! Da eine andere Medizin Kraft-strahl von Dr. Axel Stoll in Schweinfurt verabreicht wurde. Es sollen immer noch die Wracks in Scheunen liegen mit den Gebeinen der Piloten un beerdigt. Weil man indierekt nicht zugeben kann, das 500.000 Patente aus Zehlendorf geraubt wurden. Wurden in Brandenburg/Havel nicht A-Bomben schon am Fließband gebaut ? PS MMS nehme ich erfolgreich zum Senken von Blutdruck und eventueller Lebensmittelvergiftung, hilft von Minuten…warum sollte man aber Petroleum saufen ? germany132@gmx.de

    1. Nach längerem Überlegen habe ich mich entschlossen, diesen Kommentar trotz der Bezugnahme auf die selbstgefährdende Einnahme von MMS freizuschalten, weil er meines Erachtens ganz gut dazu beiträgt, die Bergheimer Veranstaltung (und ähnliche) in den richtigen ideologischen und intellektuellen Kontext einzuordnen.

  6. Liebe Frau Blasig (Ihren Namen hatten Sie in Ihrem Kommentar ja angegeben) welchen Teil von „Ich werde hier keine Kommentare freischalten, die zu selbstschädigendem Verhalten aufrufen“ (was ich hier schon des öfteren betont habe) haben Sie nicht verstanden?

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