Skeptisch ist man nicht allein

Das Verschwörungsmythen-Buch ist da! Die Kiste mit den ersten Exemplaren kam am letzten Wochenende bei mir an, und eigentlich wollte ich dazu nicht schon wieder einen Artikel schreiben, denn das soll hier ja nicht zur reinen Werbeseite verkommen.

Leider habe ich aber bei der Ankündigung des Buchs etwas sehr Wichtiges vergessen – nämlich mich zu bedanken. Dabei geht es in erster Linie um zwei von mir sehr geschätzte Menschen und tolle Experten, die ganz maßgeblich zu dem Buch beigetragen haben – sie haben nämlich jeweils praktisch ein komplettes Unterkapitel geschrieben. Dazu aber gleich mehr.

Zu den Büchern haben nämlich noch viel mehr Menschen beigetragen, und manche wussten es, manche aber auch nicht. Zunächst einmal braucht man für ein Buch, wenn man es professionell angehen will, natürlich einen Verlag. Bei meinen Büchern kam sogar die Initiative, sie zu schreiben, von den Verlagen, Springer und Hirzel. Bei „Relativer Quantenquark“ hatte ich im Schreibprozess viel Unterstützung durch Lisa Edelhäuser von Springer, die nicht nur vom Schreiben her, sondern mit ihrem fachlichen Hintergrund in der Quantenfeldtheorie auch inhaltlich viel betragen konnte und mich von mancher voreiligen Aussage abgehalten hat. Hinzu kam aus dem privaten Umfeld die unschätzbare Hilfe von Stephanie Dreyfürst mit ihrer langjährigen Erfahrung in akademischer Schreibdidaktik und Schreibforschung. Für mein erstes Buch war das genau richtig. Bei „Verschwörungsmythen“ hat mir Angela Meder, meine Ansprechpartnerin bei Hirzel, deutlich mehr Freiheiten gelassen – und ich muss sagen, das war jetzt auch genau richtig.

Nicht unterschätzen darf man aber vor allem die Bedeutung des skeptischen Umfeldes im Zustandekommen der Bücher. Am sichtbarsten ist das noch bei den Photos. Beim Quantenquark-Buch brauchte ich zur Geschichte der Relativitätstheorie ein Bild der Jupitermonde, wie sie durch die Teleskope des 17. Jahrhunderts ausgesehen haben könnten: Oliver Debus konnte genau das liefern. Bei „Verschwörungsmythen“ hatte ich in der Hinsicht gleich mehrere unkomplizierte Helfer. Für das Kapitel über die Flacherdler brauchte ich ein Schiff, das hinter dem Horizont verschwindet, und Mark Bailey stimmte sofort zu, dass ich seine gerade auf Facebook veröffentlichte Serie verwenden konnte. Martin Schmidt, mein Mitstreiter in einem Vortrag zu Chemtrails, lieferte zum entsprechenden Kapitel ein Bild von einem Himmel voller Kondensstreifen über Frankfurt-Höchst. Als ich für das gleiche Kapitel schließlich noch ein Photo von einem Halo um die Sonne suchte, bekam ich nach einem Aufruf auf der Facebookseite des Blogs buchstäblich Dutzende von spektakulären Aufnahmen angeboten. Die passendste, auch von Aufnahmezeitpunkt und -ort her, war schließlich eine von Jan Keilholz.

Gar nicht einzeln anzusprechen sind die vielen Anregungen, Inspirationen, Fragen, Hintergrundinformationen und Ideen, die ich aus dem skeptischen Umfeld aufnehmen konnte. Manche kamen bei den monatlichen Treffen der Frankfurter Regionalgruppe, andere nach Vorträgen, auf der SkepKon, bei Hoaxilla (ich freue mich auf das Neuschwabenlandbuch, das ich so gerne schon zum Zitieren gehabt hätte), im Skeptiker, auf Facebook oder auf Twitter, aber auch international bei der Euroscepticscon, bei Ratio in Bulgarien oder bei den vielfältigen Aktivitäten der britischen Skeptiker. In Deutschland spielt immer wieder die GWUP eine zentrale Rolle, ohne die ich mich kaum jemals so intensiv mit diesen Themen beschäftigt hätte, während vor allem die Briten weitaus weniger zentral organisiert sind. Offensichtlich haben es die Briten einfach nicht so mit dem Dazugehören…

Aber jetzt endlich zu meinen beiden Gastautoren:

Wenn man ein Buch über Verschwörungsglauben schreiben will, kommt man meines Erachtens nicht daran vorbei, wenigstens am Rande auf die Frage einzugehen, warum Menschen so etwas glauben, und was das am Ende für uns bedeutet. Dazu kann ich natürlich Theorien und Ergebnisse wiedergeben, die Andere veröffentlicht haben – und über die Jahre habe ich einige davon gehört und gelesen und mit Wissenschaftlern gesprochen, die aus unterschiedlichsten Blickwinkeln zu Verschwörungsglauben forschen. Ich kann aber nicht jemanden ersetzen, der selbst jahrelang zu diesem Thema geforscht hat, der immer wieder in den direkten Kontakt zu Menschen getreten ist, die an die unterschiedlichsten seltsamen Dinge glauben, der sogar Dr. Axel Stoll interviewt hat… Es ist schon einige Jahre her, dass ich auf einer SkepKon (die damals noch nicht SkepKon hieß) unter vielleicht 100 Zuhörern saß (größer waren die damals nicht) und einem jungen Psychologen zuhörte, der über die ersten Zwischenergebnisse aus seinem Promotionsprojekt über Verschwörungsglauben berichtete. Und falls sich jetzt jemand fragt, warum ich diese Geschichte aus dem Gipskrieg erzähle: Während ich den Vortrag hörte, noch bevor wir ein Wort gewechselt hatten, dachte ich mir: Mit dem müsste ich ein Buch zusammen schreiben. Wir haben das dann später versucht, und es ist nie etwas daraus geworden. Ich hatte keine Ahnung, wie man Verlage anspricht; er hatte zig andere Projekte; wir waren beide mit unserer Selbstständigkeit beschäftigt; er wurde Vater, ich geschieden… Als irgendwann der Hirzel-Verlag mit einer sehr ähnlichen Idee auf mich zukam, habe ich Sebastian Bartoschek erst einmal gefragt, ob er nicht als Koautor mitmachen will. Letztlich passte auch das nicht, also haben wir das wenigstens in kleinen Stückchen nachgeholt: Ich habe ein paar Fußnoten zu „Muss man wissen!: Ein Interview mit Dr. Axel Stoll“ und ein paar O-Töne im gleichnamigen Film beigetragen, und nun hat Sebastian also in meinem Buch die für mich immer etwas sperrige Frage beantwortet: „Warum wollen wir an Verschwörungen glauben?“.

Ein zweites Thema, das für mich sperrig war, kam im Zusammenhang mit dem Kapitel zu den Chemtrails. Wegen Behauptungen, Flugzeugkondensstreifen seien in Wirklichkeit Gifte, die mit finsteren Absichten über uns versprüht werden, habe ich 2005 erstmals angefangen, mich mit Verschwörungsmythen zu beschäftigen, ungefähr zu dem Zeitpunkt, als das Thema erstmals in deutschsprachigen Medien auftauchte. Ein Stichwort, das mir dabei über die Jahre immer wieder begegnet ist, sind Morgellons: Die Vorstellung, dass Menschen durch Chemtrails oder ähnliche Belastungen Fasern unter der Haut wachsen, die merkwürdigerweise außer ihnen selbst niemand erkennt. Wie erklärt man aber als Physiker jemandem, der sich als krank empfindet, dass ihm körperlich sehr wahrscheinlich nichts, auf jeden Fall nicht das Vermutete, fehlt? Damit müsste sich ein Mediziner befassen, idealerweise jemand, der auch Erfahrung mit psychisch bedingten Erkrankungen hat. Es müsste jemand sein, bei dem glaubhaft ist, dass er die Beschwerden der Betroffenen ernst nimmt, auch wenn er erklären muss, dass die Ursachen nicht die vermuteten und sehr wahrscheinlich gar nicht organischer Natur sind. Am besten wäre jemand, der auch einem Saal voller Skeptiker erklären kann, dass große Mehrzahl der „verrückten“ Esoteriker alles andere als verrückt ist, sondern möglicherweise geistig gesünder als wir Skeptiker. Und idealerweise sollte ihm die Entwicklung unserer Gesellschaft am Herzen liegen und die Bedrohung für ihren Zusammenhalt durch Extremismus und Verschwörungsdenken bewusst sein. Wenn Jan Oude-Aost auf meine Anfrage nicht zugesagt hätte, wäre es sehr schwer geworden, diese Lücke zu füllen. Hat er aber, und ich bin stolz auch auf diesen wunderbaren Gastbeitrag.

Und jetzt, wo die überfälligen Danksagungen geschrieben sind, kann ich mich im nächsten Post wieder den Blogthemen zuwenden, die hier über die letzten Wochen schon wieder liegengeblieben sind.

Ist Quantenquark rechts?

Entgegen meiner sonstigen Gepflogenheiten möchte ich die Leitfrage dieses Artikels schon gleich zu Anfang beantworten: Nein, ist er nicht. Unsinn gibt es mit jeglicher politischer Couleur, und das gilt auch für Quantenunsinn. Gepachtet hat den niemand.

Damit könnte ich eigentlich auch schon den Leser beschwichtigen, der mich vor ein paar Tagen über das Kontaktformular angeschrieben hat und wissen wollte, „weshalb die meisten der Beiträge“, die ich kritisiere, „als rechte, braune oder in ähnlicher Form offenbar politisch motivierter Quark abgeurteilt werden“.  Der Leser kann in den kritisierten Inhalten „beim besten Willen weder rechte oder braune oder reichsbürgerliche Motivation erkennen“. Ich solle meine Beiträge doch darauf beschränken, „offensichtlichen Quark auf sachlicher meinetwegen wisschenschaftlich fundierter Ebene zu widerlegen.“

Das verwundert mich dann doch ein wenig, auch weil das Beispiel eines geifernden Rechten-Jägers so gar nicht in mein Selbstbild passt. Schließlich habe ich mich in den Zeiten, als ich noch parteipolitisch aktiver war, immer selbst als „Rechten“ gesehen. Wenn ich bei der Friedberger Antifa-Bildungsinitiative (die tatsächlich eine Bildungsinitiative mit vielen spannenden Vorträgen ist) dem „schwarzen Block“ zugerechnet werde, ist damit meine frühere Mitgliedschaft in der CDU gemeint. Im Rahmen meiner skeptischen Aktivitäten habe ich mich bei allzu politischen Themen wie der Klimawandelleugnung oder der Gefährlichkeit von Technologien wie Kernenergie und Gentechnik jahrelang eher zurückgehalten, obgleich ich dazu im privaten Rahmen einiges zu sagen habe. Allzu politische Sichtweisen tun der Wissenschaftlichkeit in der Regel einfach nicht gut, und buchstäblich alle relevanten Parteien haben pseudowissenschaftliche Leichen in ihrem programmatischen Keller.

Wenn hingegen politischer Extremismus mit Pseudowissenschaft vermischt oder gar gerechtfertigt wird, kommt man als Skeptiker nicht umhin, sich dazu zu äußern. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn die Kommunistische Partei Österreichs, das linke Regime in Venezuela oder der staatliche Rundfunk des Iran absurde Verschwörungstheorien verbreiten, ein amerikanischer Sender zur Atmosphärenforschung sei in Wirklichkeit eine Waffe, die künstliche Erdbeben auslöst.

Wer jedoch die Esoterikszene, insbesondere im Umfeld von Verschwörungstheorien, in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat, dem kann nicht entgangen sein, dass die Vermischungen mit rechtem Extremismus deutlich zugenommen haben. Diese Zunahme ist auch weder eine rhetorisch begründete Unterstellung noch subjektives Bauchgefühl. Besonders in den Versuchen, in den letzten fünf Jahren, mit einem vorläufigen Höhepunkt 2014, eine „Querfront“ aus rechten und linken Extremisten zu bilden, spielten Esoterik und Verschwörungstheorien eine zentrale Rolle.

Als ich 2006 den ersten deutschsprachigen skeptischen Aktikel über die Chemtrails-Verschwörungstheorie geschrieben habe, gab es noch keinerlei Veranlassung, Rechtsextremismus darin mit einem Wort zu erwähnen, schienen doch die Vertreter dieses abstrusen Hirngespinstes der linken Umweltbewegung deutlich näher zu stehen als den damaligen Rechten. Der bekannteste Vertreter der Chemtrail-Thesen, Werner Altnickel, war Träger des deutschen Solarpreises und hatte sich gerade erst von Greenpeace getrennt. Heute fabuliert Altnickel auf seinem inzwischen gesperrten Youtube-Kanal („Militärische + Wirtschaftsnachrichten“) über die jüdische Weltherrschaft, die die Deutschen vernichten will und hat offensichtlich keine Probleme damit, zur rechten Szene gerechnet zu werden:

Als die Innsbrucker Frauenforscherin Prof. Claudia von Werlhof 2010 darüber fabulierte, das amerikanische Atmosphärenforschungszentrum HAARP diene in Wirklichkeit dazu, Erdbeben zu erzeugen und könne auch für die Verwüstungen in Haiti verantwortlich sein, erhielt sie Beifall hauptsächlich noch von der Kommunistischen Partei Österreichs. Inzwischen lässt sie sich beim Quer-Denken-Kongress (nicht zum ersten Mal) vom Reichsbürger Michael Vogt interviewen, der auch schon einen Film über den „Friedensflieger Rudolf Heß“ produziert hat. Auf dem gleichen Kongress traten auch der „Deutsche Mitte“-Protagonist Christoph Hörstel, der Haus-und-Hof-Autor des Kopp-Verlags, Gerhard Wisnewski, sowie Querfrontler Jürgen Elsässer auf.

Michael Vogt, der mehrfach als Initiator von Reichsbürger-Veranstaltungen aufgefallen ist und eine Honorarprofessur nach Kontakten zur NPD verloren hat, begrüßt in seinem Quer-Denken-TV und auf den zugehörigen Konferenzen eine Vielzahl von Größen der Esoterikszene, darunter einige, die vor 2014 kaum in einem politischen Umfeld in Erscheinung getreten sind, manche aber vielmehr durch Quantenquark. Hierzu gehört zum Beispiel der Hare-Krishna-Anhänger Marcus Schmieke. Schmiekes abstruse Vorstellungen von Quantenphysik sind eigentlich einen eigenen Artikel wert… naja, vielleicht sind sie es auch nicht wert. Sein Geld verdient er offenbar vor allem mit dem Timewaver, einem Gerät, das durch Veränderung eines angeblichen, pseudophysikalischen „Informationsfeldes“ Krankheiten heilen und Unternehmen beraten soll. Das Gerät soll allein von über 1500 Therapeuten genutzt werden – bei fünfstelligen Stückpreisen für die Therapeutenmodelle lässt das auf beachtliche Umsätze schließen. Inzwischen tritt der Mantra-lehrende Krishnajünger aber auf derselben Veranstaltung auf mit Holocaust-Bezweiflern, Verschwörungs-Schwurblern und Führern randständiger Parteien, die bei Veranstaltungen auch schon einmel Plakate der eigentlich konkurrierenden NPD als Transparente benutzen. Weiteren Quantenquark ins gleiche Umfeld bringt Dr. Michael König, der jahrelang eine Ausbildung zum „zertifizierten Quantenpraktiker“ anbot. Außer bei Vogt tritt König auch bei dessen Reichsbürger-Kollegen Jo Conrad auf.

Vogts Quer-Denken.tv und Conrads bewusst.tv sind jedoch bei weitem nicht die einzigen Online-Angebote in denen Quantenquark in bester Eintracht mit Antisemitismus, Verschwörungsdenken und Reichsbürger-Ideologie verbreitet wird. 78 Artikel zu „Quantenphysik“ und „Quantenmedizin“ finden sich auf Wissenschaft 3000 – unter anderem mit dem verurteilten Betrüger Hartmut Müller als Experten. Neben der Behauptung, die Erde sei eine Scheibe, findet sich an gleicher auch Werbung für den „Staat Ur“ des Reichsbürgers Adrian Ursache, der gerade wegen Mordversuchs vor Gericht steht. Auch das Königreich Deutschland des gerade wegen verschwundener Millionen im Gefängnis sitzenden Goldenes-Brett-vor-dem-Kopf-Preisträgers Peter Fitzek wird auf Wissenschaft 3000 hofiert. Da wundert es nicht, dass „Quantenphysik“ auch bei den Geistesgrößen im Königreich selbst ein Thema ist.

Dass die Verknüpfung von falscher Physik und problematischer politischer Agitation eine hundertjährige Tradition hat, zeigt sich in einem aktuellen Arktikel von meinem langjährigen Skeptikerkollegen Markus Pössel. Pössel, inzwischen Leiter des Hauses der Astronomie, beleuchtet darin die antisemitischen Motive hinter vielen Anfeindungen gegen Einsteins Theorien.

Weitere Beispiele von Verbindungen zwischen Quantenquark und der rechten Szene habe ich bereits im Januar hier aufgeführt. Das war allerdings bislang auch der einzige Artikel zu diesem Thema hier. Daher ist für mich schwer nachvollziehbar, wie der ominöse Leserbriefschreiber darauf kommt, in meinen „Diffamierungsartikeln“ würden „die meisten der Beiträge die Sie erwähnen als rechte, braune oder in ähnlicher Form offenbar politisch motivierter Quark abgeurteilt werden“.

Da ist es schon fast beruhigend, dass nicht alle derartige Fanpost mir politische Motive unterstellt- zum Teil halten die Schreiber mich auch für einen Fälscher, für bezahlt (schön wär’s) oder einfach für dumm:

Hallo Herr Dr. Hümmler,

wie kann man als ernstzunehmender Wissenschaftler nur so ein dummes Zeug schreiben.

Ich vermute, dass Ihr Doktortitel ein Plagiat ist, oder Sie gehören zu den Leuten, die dafür bezahlt werden dass sie die Nullpunktenergie als Humbug darstellen. Diese Energie wird früher oder später zum Einsatz kommen, daran arbeiten inzwischen viele Menschen.

Oder sind Sie vielleicht tatsächlich Dumm? denn: Was der Bauer nicht kennt….

Ausserdem finde ich es bezeichnend, dass auf Ihrer Homepage eine falsche Mailadresse steht.

Gruss

W.  Herbst

Ich muss zugeben, dass es dem Schreiber tatsächlich gelungen ist, mich genug zu verunsichern, dass ich eiligst auf allen meinen Webseiten meine Mailadressen nachgeprüft habe… es waren natürlich alle richtig.

Ich muss allerdings auch sagen, ich bekomme hier auch erfreuliche Zuschriften. Manchmal sogar sehr erfreuliche, zum Beispiel von Martin Piehslinger, der mich auf seine sehr wohlwollende Rezension zum Quantenquark-Buch auf seiner Homepage hingewiesen hat.

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im Zusammenhang mit dem Buch gibt es ganz aktuell sogar tatsächlich eine Möglichkeit, wie Sie mich für diesen Blog bezahlen können, wenn Sie denn möchten: Bestellen Sie das Buch (oder ein anderes aus dem Springer-Nature-Verlag) anstatt über den Buch- oder Onlinehandel einfach über den Link rechts oben direkt beim Verlag, und ich bekomme eine kleine Provision.

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Artikel Ende. Und ich hoffe, ich muss zu diesem Thema nicht so bald wieder schreiben.

Neues Vortragsvideo über Chemtrails, und gibt es auch Quantenchemtrails?

Ganz aktuell kann ich ein neues Video von einem meiner Vorträge melden: Seit heute ist „Chemtrails – Weltverschwörung oder Wetterphänomen?“ von Prof. Dr. Martin U. Schmidt (vom Institut für Anorganische u. Analytische Chemie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt) und mir online. Den Vortrag haben wir erst vorgestern im Club Voltaire in Frankfurt gehalten – danke an Dragan Pavlovic fürs Filmen und für die wahnsinnig schnelle Bearbeitung.

Zum gleichen Thema existiert auch noch ein älteres Video von mir bei Skeptics in the Pub aus Wien.

Eigentlich sollte man meinen, dass die Chemtrails-Verschwörungstheorie, also die Behauptung, dass von Verkehrsflugzeugen massenhaft und gezielt Chemikalien versprüht werden, um uns alle zu vergiften, mit Quantenquark gar nichts zu tun hat. Folglich würde das Vortragsvideo genau genommen überhaupt nicht hierher gehören. Das sehen einige Chemtrailgläubige allerdings anders.

Somit bestätigen sie einmal wieder mein erstes Gesetz vom Quantenquark: Man kann aus praktisch jedem esoterischen Quark Quantenquark machen, indem man einfach „Quanten-“ davorsetzt. Die Quantenhomöopathie hatten wir hier ja schon, aber es gibt zum Beispiel auch die Quantenakupunktur, Quantenyoga, Quantenastrologie, Quanten-Feng-Shui und so weiter. Warum also nicht auch Quantenchemtrails?

Auf der Seite des Urgroßvaters aller Chemtrailschwurbler, Jeff Rense, ist schon seit 2005 zu lesen, dass die Chemikalien aus Chemtrails mittels des quantenmechanischen Tunneleffekts auch in verschlossene Glasgefäße eindringen können. „Nachgewiesen“ hat das Renses Kollege James Neff am Geschmack von Lebensmitteln, die er über Nacht auf der Terrasse stehen hatte.

Einen anderen Zugang zum Thema hat die deutsche Seite detox-quantum.com, die gerade im Moment nicht erreichbar zu sein scheint. Dank des Google Caches kann man die zum Teil recht aktuellen Inhalte aber ansehen. Dort findet man allerlei Unsinn über Detoxen, also das angebliche Entgiften seines Körpers. Tatsächlich hat man genau zu diesem Zweck eine Leber und zwei Nieren, und wenn die das nicht mehr hinbekommen, braucht man keine Zwiebeln und keine grünen Smoothies, sondern schlicht und einfach entweder eine Transplantation oder regelmäßig eine Dialyse. Laut detox-quantum soll man sich aber trotzdem entgiften, und zwar unter anderem wegen der ganzen Gifte aus den Chemtrails. Stellt sich immer noch die Frage, was hat das außer dem Namen mit Quanten zu tun? Nun, die gleiche Autorin, Angelika Schlinger, verbreitet in diesem Kontext auch noch die absurde These, unsere Erwartungen würden durch irgendwelche quantenmechanischen Effekte den Zufall steuern. So eine Art „Bestellungen ans Universum“ (wozu es ein wunderbares Buch von Hugo Egon Balder gibt) in Form von Quantenquark also. Letztlich sind das einfach einmal wieder falsche Schlussfolgerungen aus dem so unglücklich benannten „Beobachtereffekt„. Das begründet Frau Schlinger mit dem berühmten Gedankenexperiment mit Schrödingers Katze, das sie ganz offensichtlich nicht mal in Ansätzen verstanden hat. Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit Schrödingers gründlich missratenem Beispiel und dem Unsinn, der darum herum entstanden ist, muss ich auf mein demnächst erscheinendes Buch verweisen. Das erfordert etwas Hintergrund und mehr Platz, als in einem Blogartikel zur Verfügung steht. Besonders lustig ist Frau Schlingers Behauptung, Schrödinger hätte dank seines Katzenbeispiels den Nobelpreis erhalten. Das wäre in der Tat eine spannende quantenphysikalische Verletzung der Kausalität – wenn es nicht einfach falsch wäre. Schrödinger hat sein Gedankenexperiment mit der unseligen Katze nämlich 1935 aufgestellt, zwei Jahre nachdem er den Nobelpreis bekommen hatte, und zwar zusammen mit Paul Dirac für die Formulierung der Quantenphysik in Form von Wellen. „Quantenmechanik ist echt cool,“ findet Frau Schlinger. Da kann ich ihr nur zustimmen und ihr empfehlen, mal etwas darüber zu lernen.

Etwas weniger abstrus ist die Behauptung der deutschen Uralt-Chemtrailseite chemtrails-info.de, Chemtrails würden uns Lichtquanten vorenthalten. Nun gibt es zwar keine Chemtrails, aber die Kondensstreifen von Flugzeugen reflektieren natürlich Sonnenlicht ins All, wie jede andere Wolke auch. Damit wirken ganz normale Kondensstreifen auch tatsächlich von ganz alleine der globalen Erwärmung etwas entgegen, wobei der zusätzliche Treibhauseffekt durch das von den Flugzeugen emittierte Kohlendioxid langfristig überwiegen dürfte, denn das bleibt ja in der Atmosphäre, nachdem sich der Kondensstreifen schon lange aufgelöst hat. Absurd wird es dann erst mit der Behauptung, man könne das so fehlende Sonnenlicht ersetzen, indem man Lichtessenzen oder Lichtglobuli zu sich nimmt, die im Gegensatz zu echten Medikamenten eine hohe Konzentration an Lichtquanten enthielten. Lichtquanten sind… nun, eben Licht; die kann man nicht irgendwo einschließen, weil sie sich eben mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Und wenn etwas Lichtquanten emittiert, dann erkennt man das sehr einfach, nämlich daran, dass es leuchtet. Wenn Sie also der Meinung sind, dass Ihnen Lichtquanten fehlen (was sowohl psychisch als auch körperlich ja durchaus denkbar ist, gerade in dieser Jahreszeit), dann gehen Sie raus ins Tageslicht oder schalten Sie das Licht an!

Sehr bizarrer Quantenquark in  Bezug auf Chemtrails findet sich auch in einer amerikanischen Diskussionsgruppe zu Morgellons. Patienten mit Morgellons bemerken Fasern, die in oder unter ihrer Haut wachsen und allerlei Beschwerden auslösen, was sie in vielen Fällen auf Chemtrails zurückführen. Dummerweise kann niemand außer den Patienten selbst diese Fasern sehen, weshalb diese Krankheit in der Regel eher Psychiater als Hautärzte beschäftigt. Der Patient CrystalRiver überlegt sich in diesem Forum eine Hypothese warum die Medizin die Existenz dieser Fasern nicht anerkennt: Wenn irgendwannn niemand mehr an die Morgellons glaubt, dürften diese ja nach der Quantenphysik auch nicht mehr existieren. Damit scheinen sich seine Vorstellungen von Physik etwa auf dem Niveau von Frau Schlingers Wunsch-Bullshit zu bewegen.

Mit dem Stichwort „Fasern“ sind wir dann auch schon bei der wohl bedeutendsten Informationsquelle deutschsprachiger Chemtrailgläubiger: sauberer-himmel.de. Dort wird über eine Luftmessung aus der US-Großstadt Phoenix berichtet, in der sich in den Filtern Fasern niedergeschlagen hatten, die im Mikroskop verdächtig nach Textilfasern aus Kleidung, Teppichen oder Ähnlichem aussehen. Dazu wird eine angebliche Analyse aus einem nicht genannten Labor mit etwas abenteuerlichen Ergebnissen genannt.

„Radioaktives Natriumjodid“ – wer meint, messen zu können, dass das Natriumjodid (und nicht etwa irgendetwas anderes auf dem Filter) radioaktiv ist, müsste das Spektrum der Strahlung gemessen haben und müsste daher auch in der Lage sein, anzugeben, welches Isotop des Natriums oder des Jods denn da strahlen soll. Da weder Jod noch Natrium natürliche radioaktive Isotope haben, müssten die ja in einem Labor künstlich erzeugt worden sein – ziemlich viel Aufwand, wenn man bedenkt, dass das Ergebnis chemisch immer noch ein recht gewöhnliches Salz ist (im Jodsalz zum Kochen wird eher Natrium- oder Kaliumjodat zugesetzt). Und wie andere anorganische Salze auch bildet es eckige Kristalle und keine Fasern – und schon gar keine violetten. Das hier ist Natriumjodid (Bild vom Datenblatt beim Seilnacht-Verlag.

Für mich sehen die Bilder bei Sauberer Himmel so aus, als hätte da jemand seinen Hausstaub mit einem Klebestreifen aufgesammelt und dann durch ein Schülermikroskop aufgenommen.

Über diese „Messungen“ lässt sich dann auf Sauberer Himmel Harald Kautz-Vella aus. Nur so zur Einordnung – Kautz-Vella glaubt auch an ein schwarzes Öl, das Intelligenz und ein Bewusstsein hat und auf der Thule-Insel von Außerirdischen gefördert wird.

Kautz-Vella hält die Staubfasern aus Phoenix für Quantenpunkte. Quantenpunkte sind nichts weiter als Stellen innerhalb einer Kristallstruktur, in denen viele Atome so angeordnet sind, dass dort quantenmechanische Effekte auftreten, wie man sie sonst eher aus einem einzelnen Atom oder Molekül kennt. Das hat ein paar interessante Anwendungen in der Halbleitertechnik, in Displays (moderne Fernseher haben zum Teil Quantum Dot Displays) oder als extrem teurer Spezialfarbstoff für Laboranwendungen. Nur mit Fasern haben Quantenpunkte eben gar nichts zu tun. Warum jemand auf die Idee kommen sollte, einen solchen teuren Farbstoff als Chemtrail sinnlos in der Atmosphäre zu versprühen, kann sich allerdings nicht einmal Herr Kautz-Vella selbst erklären.

Fast schon sympatisch ist mir da die Argumentation des „Denke anders Blogs“. Die Autoren dort behaupten zwar den gleichen Unsinn wie Frau Schlinger, dass Realität nach der Quantenmechanik durch unsere Gedanken entstünde und entsprechend beeinflusst werden könnte, aber ihre Schlussfolgerung ist interessant: Chemtrails sind Projektionen des Unterbewussten und existieren nur, weil so viele Menschen an sie glauben. Das ist zwar noch nicht ganz die Einsicht, dass es sich bei den Chemikalienstreifen schlicht um Einbildung handelt, aber es ist schon ziemlich nahe daran.

Nochmal Chemtrails – zwei Vorträge, eine Demo, und warum ich das hier mache

„Es ist gut, mehr über Physik zu wissen. Damit man sich keine Quantenmassage aufschwätzen lässt.“ Das sagte vorhin einer der Zuhörer, nachdem ich bei der Frankfurter Volkshochschule im Rahmen des Studium Generale über die Grundideen von Relativitätstheorie und Quantenmechanik gesprochen hatte. Es ging in meinem Vortrag ausdrücklich nicht um Quantenquark, sondern nur um richtige Physik. Das Publikum im Studium Generale ist auch nicht spezifisch auf esoterische oder skeptische Themen fokussiert, und trotzdem bestand offenbar genau dazu Gesprächsbedarf.

Es ist immer wieder faszinierend, auf welche rege Resonanz Wissenschaft trifft, selbst wenn man eigentlich ganz abstrakt nur über die theoretische Physik spricht.

Liebe Physikerkollegen: Das sollten wir öfter machen. Menschen interessieren sich tatsächlich für Naturwissenschaft, und je mehr Sinnvolles sie darüber finden, desto weniger gehen sie den Quantenschwurblern auf den Leim.

Mein Vortrag über Chemtrails in Wien am 20. April, den ich im letzten Post angekündigt hatte, ist schon als Video online:

skeppub wien

Es war eine schöne Veranstaltung, in einem Konzertkeller mit toller Atmosphäre. Zum Glück wollte mich niemand singen hören. Nachdem wir kurzzeitig mit einer Verschwörung des Wirts zu tun hatten, der den fest installierten Beamer falsch angeschlossen hatte, konnten wir auch mit einer halben Stunde Verspätung starten, und das Publikum ist super bei der Stange geblieben.

Mein Vortrag war der zweite bei den Wiener Skeptikern zum Thema Chemtrails innerhalb einer Woche. Der andere, von dem Chemiker Per Federspiel, ist auch online zu sehen, und ich finde es ganz spannend zu sehen, wie anders er an das Thema herangeht.

Und ein drittes Filmchen zum Thema Chemtrails gibt es zu vermelden: Am 24.4. berichtete Spiegel TV von einer Demonstration der Chemtrail-Verschwörungstheoretiker in Berlin. Wenn man sich die O-Töne der Teilnehmer anhört, wird denke ich relativ schnell deutlich, warum wir Skeptiker nicht unbedingt die ganz überzeugten Gläubigen oder gar ihre Aktivisten als unsere Gesprächtspartner suchen…

Insofern freue ich mich natürlich über jeden Quantenesoterik-Überzeugten, der auch mal den Relativen Quantenquark liest, aber eben auch und vor allem über Neugierige, Interessierte, Fragende, Suchende, Verunsicherte, Amüsierte und nicht zuletzt über Skeptiker und über jeden, der über seltsame Dinge auch gerne mal den Kopf schüttelt, auch wenn er den Quark schon lange für Quark hält.

Preaching to the converted ist doof, aber sich austauschen, Informationen teilen und auch mal zusammen lachen macht doch mit Freunden mindestens genauso viel Spaß, oder?

 

 

Morgen mal ohne Quanten – Vortrag zu Chemtrails bei Skeptics in the Pub Wien

In den letzten Wochen gab es hier wenig neue Inhalte zu lesen. Einer der Gründe dafür waren mehrere anstehende Vorträge, die ja auch vorbereitet werden wollen.

Mal ganz quantenfrei gibt es mich morgen, am 20. April bei Skeptics in the Pub in Wien zu hören, zum Thema:

„Chemtrails – heiter bis wolkig.
Werden wir alle aus der Luft mit Giften überzogen – oder aus dem Internet mit braunem Unsinn?“

Wie dem Untertitel schon zu entnehmen ist, ist das historische Datum nicht ganz zufällig gewählt. Der naturwissenschaftliche Blick (in diesem Fall aus der Meteorologie) wird aber auch bei diesem Thema nicht zu kurz kommen. Daneben kommen auch Landschaftsmaler, die angebliche Ausrottung der Deutschen, konspirative Künstler und Katzenstreu vor (vielleicht macht die sinnfreie Aufzählung ja jemanden neugierig).

Mit Quanten und Relativität, dafür eher nicht so skeptisch, spreche ich am 25.4. bei der VHS Frankfurt über die Grundbegriffe von Relativitätstheorie und Quantenmechanik. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Studium Generale statt – sie ist also nicht einzeln online buchbar. Wer mag, kann mich gerne direkt ansprechen, dann arrangiere ich das mit der VHS.

Bei der SkepKon in Hamburg vom 5. bis 7. Mai bin ich dieses Jahr zumindest planmäßig nicht mit einem Vortrag vertreten. Ich bin aber natürlich vor Ort und freue mich, viele bekannte und neue Gesichter zu treffen.

Auf der Seite zum Science Slam des Physikalischen Vereins in Frankfurt, bei dem ich inzwischen auch Mitglied bin, sind inzwischen die Photos vom Luminale-Special am 12. März mit meinem Beitrag über Biophotonen online. Es existiert auch eine Videoaufzeichnung, die hoffentlich auch bald verfügbar ist.

Und demnächst gibt es auch hier wieder mehr Inhalt zu lesen. Die Sammlung möglicher Themen wird jede Woche größer… Da gibt es zum Beispiel einen Blog über Quantenhomöopathie nach Hahnemann, die sich als „Wissenschaftliche Homöopathie“ von der Geistheilung abgrenzt. Mich schaudert schon, bevor ich die erste Zeile gelesen habe.