Der Tankwart über das Geschichtsfenster, Wissenschaftskommunikation und Anfeindungen

Wer sich öffentlich für die Wissenschaft einsetzt und ihre Erkenntnisse kommuniziert, muss mit Anfeindungen rechnen. Ich selbst musste kürzlich zum zweiten Mal jemanden anzeigen. In dem Fall ging es um eine ganze Serie von Diffamierungen auf Social Media, die nach meiner Einschätzung durchaus verleumderische Behauptungen enthielten, auch wenn die Generalstaatsanwaltschaft sie nur als Beleidigungen einstuft. Glücklicherweise hat so etwas bei mir aber nie wieder die Ausmaße angenommen, die es während der Pandemie aus der Fanblase des österreichischen Anti-Impf-Schwurblers Clemens Arvay hatte.

Richtig unangenehm wurde es gerade für Andrej Pfeiffer-Perkuhn mit seinem großartigen Youtube-Kanal/Twitch-Channel/Podcast Geschichtsfenster. Andrej klärt dort über falsche Vorstellungen aus der Geschichte, vor allem zum Mittelalter, auf. Wie viele und wie krasse falsche Vorstellungen da kursieren, lässt sich kaum besser demonstrieren als in diesem Meme, das sich wohl am besten mit den Worten „not even wrong“ zusammenfassen lässt.

Das ganze Mittelalter als „christliches dunkles Zeitalter“, das die Menschheit um über 1000 Jahre zurückgeworfen hat. Ich habe das tatsächlich selbst mal geglaubt und möglicherweise sogar schon mal dieses Meme weiterverbreitet. Dass ich irgendwann dazugelernt habe, hat zum Teil mit meinem alten Freund Christian Mehr zu tun, aber eben auch ganz maßgeblich mit begeisterten Wissenschaftskommunikatoren im Netz – wobei mir Andrej damals noch unbekannt war. Für mein Buch „Faktenimmun“ hat mir bei diesem Thema neben Christian Mehr vor allem Adam Nawrot von Kaptorga sehr geholfen, deren Kanäle ich ebenfalls sehr empfehlen kann. Das aber nur als Hintergrund dazu, wie großartig und wichtig ich Andrejs Arbeit finde. Ich selbst war auch schon mal in einem seiner Videos zu Gast, konnte bei dem Thema aber irgendwie nicht viel mehr beitragen, als Andrej eifrig zuzustimmen und vielleicht ein paar differenzierende Bemerkungen zur Bewertung anzubringen.

Vor ein paar Tagen hat jemand anonym eine diffamierende Mail über Andrej und sein Geschichtsfenster an diverse gegenwärtige und potentiell zukünftige Kooperationspartner geschickt und darin behauptet, Andrej sei kein Wissenschaftler (das stimmt) und verbreite falsche und veraltete Narrative (das stimmt aber eben nicht), die vor allem das ganz furchtbar böse Mittelalter beschönigten. Wer sich für Details interessiert: Andrej ist auf diese Anfeindungen in einem fundierten und bemerkenswert sachlichen Video ausführlich eingegangen. Welche schrägen Vorstellungen dieser ominöse Mailschreiber von Geschichte haben muss, zeigt sich allein schon daran, dass er sich selbst als Rote Kapelle bezeichnet, sich also den Namen eines Widerstandsnetzwerks gegen den Nationalsozialismus anmaßt, um dann gegen einen (gerade auch für die Demokratie) engagierten Wissenschaftskommunikator zu agitieren. Ralf Raths, wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Panzermuseums und selbst auf Social Media sehr aktiv für die Wissenschaftskommunikation, kommentiert das so: „Man muss schon ein ausgemachtes Charakterferkel sein, um diesen Begriff in der heutigen Zeit für diese Tätigkeit zu kopieren. Wirklich zum Kotzen.“

Und damit bin ich endlich bei dem Video, auf das ich hier eigentlich gerne hinweisen möchte: Ralf Raths ist auf Youtube ausführlich auf die Angriffe gegen Andrej eingegangen.

Dabei macht er vor allem einen zentralen Punkt: Andrej behauptet überhaupt nicht, ein Wissenschaftler zu sein. Sein Thema ist die Wissenschaftskommunikation – er stellt also vor allem die Ergebnisse dar, die die Wissenschaft erarbeitet hat und macht sie für ein breiteres Publikum verständlich und unterhaltsam. Dazu muss man selbst nicht wissenschaftlich tätig sein, schon gar nicht in dem Feld, über das man kommuniziert. Man braucht (neben der Begeisterung für Wissenschaftsvermittlung) vor allem ein Verständnis dafür, wie Wissenschaft funktioniert, um seriöse wissenschaftliche Arbeit von Pseudowissenschaft unterscheiden zu können. Diesen Punkt mussten ja auch der theoretische Physiker Florian Aigner und ich in der Pandemie immer wieder machen, wenn wir uns zu medizinischen oder pharmazeutischen Themen geäußert haben.

Ich will hier aber auch nicht das ganze Video von Ralf Raths noch einmal zusammenfassen. Seht es Euch an. Es lohnt sich.

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