Vortrag Heiler – Heil – Geschäftemacher von Skeptics in the Pub Köln jetzt auf Youtube

Ein besonders unappetitlicher Kontext, in dem man immer wieder auf Quantenquark stößt, ist die Verquickung von Esoterik mit antisemitischem oder anderweitig Hass schürendem Gedankengut.

Für Skeptics in the Pub Köln habe ich mir rechte Esoterik im Internet-TV vorgenommen. Dabei konnte ich natürlich das Bewusstsein von Herrn Thurners Quanten auf Quer-Denken.tv nicht auslassen.

Weitere Absurditäten aus der Welt der angeblichen Physik, die in dem Vortrag Erwähnung finden mussten:

  • Das Buch „Quantenäther – die Raumenergie wird nutzbar“ im Shop des Honigmann-Blogs
  • Matrix-Power-Quantenheilung in einer Anzeige auf der Quer-Denken-Seite
  • Klaus Volkamers feinstofflicher Körper und seine Universelle Verschränkung, nachweisbar durch das Wiegen der Seele
  • Ein Gerät, das man sich um den Bauch bindet, um die alten Quanteninformationen seiner Psyche 108-fach zu überschreiben
  • Bunte „Quantensteine“, die „+ geladene, uns zerstörende Plancksche Körperchen“ verdrängen
  • Ein Gerät für Unternehmensberater, das unternehmensrelevante Informationen aus der Quantenfeld-Cloud bezieht
  • Warum man ein Erdungskabel für das Bett braucht und warum Elektrosmog zu Sex, Porno und Perversion führt…
  • …und eine Mütze, die den Kopf wärmt

Quanten sind Wesenheiten mit einem Bewusstsein. Das meint der ernst.

Immer, wenn man meint, es geht nicht mehr schlimmer, treibt jemand den Quantenquark in neue Höhen.

Meinen aktuellen Favoriten hat ein aufmerksamer Leser auf dieser Seite hier gefunden:

winsindeins

Die Seite selbst verbreitet in ihren anderen Artikeln alles Mögliche von buddhistischer Meditation und „Hochsensitivität“ bis hin zu Werbung für den Bruno-Gröning-Freundeskreis (samt Link zum Kopp-Verlag) und Reichsbürgerpropaganda. Der eingebundene Film passt da bestens ins Bild – er stammt nämlich aus Quer-Denken.tv, und das Interview führt Quer-Denken-Macher Michael Vogt, der sich in der Reichsbürgerszene ganz offensichtlich auch pudelwohl fühlt. Mit Quer-Denken.tv und ähnlichen rechtsesoterischen Videoprojekten werde ich mich am 26.1. bei Skeptics in the Pub in Köln unter dem Titel „Heiler, Heil, Geschäftemacher – rechte Esoterik im Internet-TV“ ausführlicher beschäftigen, und wer mehr über Reichsbürger wissen möchte, dem sei der Eisenfraß-Blog empfohlen.

Hier soll es ja um Quantenquark gehen, und in dem verlinkten Video gibt es reichlich davon.

Herr Vogts Interviewpartner Walter Thurner kommt nach eigener Angabe aus der Freie-Energie-Szene, er glaubt also, dass man Energie aus nichts erzeugen kann, und das begründet er… mit was wohl… natürlich mit Quanten. Im hinteren Teil des einstündigen Videos demonstriert er immerhin ziemlich eindrucksvoll, wie er aus seinen seltsamen Quantentheorien Geld erzeugen kann. Da preist er nämlich seine Therapien und Geräte an, was wohl der Hauptzweck des ganzen Interviews sein dürfte.

Davor kommen aber ein paar echte Höhepunkte des Quantenquarks. Den Anfang macht gleich Michael Vogt, der in seiner Anmoderation erst mal voraussetzt, dass Quanten und Bewusstsein dasselbe sind. Das kann Herr Thurner aber locker überbieten, indem er den fälschlich so bezeichneten Beobachtereffekt der Quantenmechanik benutzt, um kleinsten Teilchen Intelligenz zuzuschreiben: „Die Quanten sind sehr extreme Wesenheiten, wenn die wissen, bei einem Versuch, ob ich hinschau oder wegschau, die haben keine Augen, die wissen aber, dass ich hinschau und bringen andere Ergebnisse als wenn ich wegschau.“ So ist für Herrn Thurner klar: „Das müssen Wesenheiten sein; die müssen ein Bewusstsein haben.“ Wohlgemerkt, wir sprechen hier von Elementarteilchen. Immerhin, das Bewusstsein würde erklären, warum Frauen mit den Quanten sprechen können.

Nur mal zur Klarstellung: Der angebliche Beobachtereffekt kommt daher, dass man zum Beobachten kleinster Teilchen große Messgeräte braucht, deren Wechselwirkung mit den Teilchen das Gesamtsystem verändert. Ob auf das Messgerät tatsächlich ein Beobachter draufschaut oder ob die Messergebnisse niemals von irgendwem gesehen und auch nicht gespeichert werden, ist für diesen Effekt völlig egal, weswegen ich den Begriff „Messungseffekt“ vorziehen würde. Fachlich korrekt spricht man in der heutigen Physik von „Dekohärenz“.

Das hält aber Herrn Thurner nicht auf. Als nächstes nimmt er sich den Welle-Teilchen-Dualismus vor, den er genausowenig verstanden hat: „Was wir in der Quantenwelt entdecken, dass es […] Welle und Teilchen gleichzeitig ist, das wirkt sich ja in unserer Welt auch aus. Damit ist ja gesagt, unsere Welt gibt’s nicht. Das ist ja nur eine Illusion.“

Dieser Schluss ist natürlich sehr praktisch, wie er im Weiteren erläutert. Dass ein Schwerstkranker sich selbst als Besitzer einer defekten Niere erlebt, sei ja nur eine Information. Wenn man diese Information in der Quantenwelt ändert, könne er sich dann einfach wieder mit einer gesunden Niere erleben. Dazu braucht man dann nur noch die Geräte, die Herr Thurner verkauft.

Mit diesen Geräten erspart man sich auch noch die Einnahme möglicherweise unangenehm schmeckender Medikamente: „Ob ich jetzt den Kamillentee trink und die Substanzen im Magen hab, die ich dann verdaue, aber neben den Substanzen trägt die Kamille ja auch eine Information. Und nicht die Substanzen kommen zur Wirkung, sondern die Information. Und wenn ich die Information auf andere Art den Zellen zuführe, dann ist es auch gut, und das machen wir eben über die Quanten.“

Die Technologie, mit der Herr Thurner zu diesen Erkenntnissen gelangt ist, ist, wie er selbst erklärt, der Tensor. Bedauerlicherweise spricht er dabei nicht von der Tensorrechnung, die in der Quantenmechanik wie in vielen anderen Bereichen der Physik tatsächlich eine große Bedeutung hat. Was Thurner und diverse Esoteriker als Tensor bezeichnen (andere benutzen auch den Begriff Einhandrute), ist einfach ein Handgriff, an dem über eine lange, federnde Verbindung ein Gewicht befestigt ist. Das Ganze hat große Ähnlichkeit mit einem Katzenspielzeug aus dem Heimtierbedarf und dient letztlich dem gleichen Zweck wie ein Pendel oder eine Wünschelrute: Es schaukelt winzige, unwillkürliche Bewegungen der Hand auf und macht sie dadurch sichtbar, wozu man sich dann allerlei Unsinn zusammenschwurbeln kann, nicht zuletzt auch, dass man damit Zugang zur Quantenwelt erhält.

Bleibt die Frage, wie kommt man auf solches Zeug? Eine mögliche Erklärung dafür findet sich schon ziemlich am Anfang des Interviews: „Man muss ja eigentlich bei dieser Technologie, beim Tensorn, den Verstand ausschalten.“ Vielleicht sollte Herr Thurner einfach nicht so viel tensorn.

Frauen sprechen mit dem Quantenfeld – nur leider viel zu wenige…

Der folgende Screenshot aus einer Verschwörungstheoretiker-Gruppe erschien am Freitag auf der Facebook-Seite des goldenen Aluhuts: Frauenquanten

Über den oberen Teil kann man natürlich lachen oder weinen. Dass Frauen sich bedroht fühlen, nicht nur in Situationen wie in Köln, ist verständlich. Dass sie nicht bedroht werden sollten, ist auch klar, und wie jede Gesellschaft stecken wir da im Zwiespalt von Sicherheit und Freiheit. Wer lernen will, sich wenigstens gegen eine Bedrohung durch einzelne Angreifer ein Bisschen besser wehren zu können, kann das tun, im Rhein-Main-Gebiet auch gerne von mir.

Ford-akademieSchlimm finde ich, wenn man sich bedroht fühlt und sich dann in fremdenfeindlichen Unsinn und falsche Allmachtsphantasien flüchtet, was einen am Ende noch verletzlicher macht. Wenn der Unsinn aus Quantenquark besteht, gehört es eben hierher, und damit kommen wir zum unteren Teil.

Formulieren wir den mal halbwegs korrekt um: Alles, was wir im Universum finden, lässt sich als Quanten beschreiben, zum Beispiel mit Quantenfeldtheorien. Sinnvoll und machbar ist das nur, wenn man einzelne Teilchen (oder isolierte Systeme völlig identischer Teilchen) betrachten will, und lernen kann man daraus zwar, was die Welt im Innersten zusammenhält, aber leider nicht, wie wir unsere Gesellschaft etwas besser zusammenhalten. Worum es in Quantenfeldtheorien genau geht, findet man in Wikipedia leider nur auf einem Niveau, bei dem selbst mancher Physiker relativ schnell aussteigt. Dieser nicht ganz neue Artikel gibt einen ganz guten Überblick zum Einstieg. Ausführlicher und mit vielen weiterführenden Artikeln findet sich auch eine Einführung bei den Drachen auf Scienceblogs.

Vor Leuten, die mit Quantenfeldtheorien richtig gut umgehen können, habe ich größten Respekt, und Frauen sind darunter leider immer noch viel zu wenige. Zwar hat sich der Anteil der Physikabsolventinnen seit meinen Studienzeiten verdoppelt, aber eben nur auf 20 Prozent. Die einzige deutsche Physikprofessorin, die mir in meinem Studium begegnet ist, die spätere Präsidentin der Deutschen Physikalischen Gesellschaft Johanna Stachel, war nicht mal an meiner Uni. Bei uns in Frankfurt konnten Patriarchen wie Walter Greiner in ihren Vorlesungen noch unwidersprochen fragen: „Haben das alle verstanden? Die Damen auch?“ Ich erinnere mich auch noch gut an den Satz: „Sie können das lösen wie Physiker oder wie Biologinnen.“ Ohne Italien, wo Physik interessanterweise als Frauenfach galt, hätte es am CERN in den 90ern erschreckend wenig Physikerinnen gegeben. Kein Wunder, dass heute die erste CERN-Generaldirektorin eine Italienerin ist.

Niemand muss sich über das Schulniveau hinaus mit Physik beschäftigen, wenn es ihn oder sie nicht interessiert. Man verpasst etwas, kann aber überleben, ohne mit dem Quantenfeld sprechen zu können – es wäre nur hilfreich, dann keinen Unsinn darüber zu verbreiten. Wer sich aber dafür interessiert, sollte sich niemals von irgendwem einreden lassen: „Du kannst das nicht.“ Auch Quantenfeldtheorien sind ein Prozent Inspiration und 99 Prozent Perspiration, und das sage ich ganz selbstkritisch als jemand, der am CERN und in Brookhaven selbst lieber an Detektoren geschraubt hat.

Also, Ladies, sprecht mit den Quanten, aber fangt damit in einer Universität Eurer Wahl an. Lasst Eure Macht frei und zeigt den letzten Chauvi-Greisen, dass Ihr Eure Eichtheorien verstanden habt. Damit bildet man sich zwar nicht ein, eine Gottheit zu sein, aber man kann die Welt auch ein Stück weit verändern, und man weiß vor allem, wovon man redet.

Die schnellste Massage der Welt

Inzwischen, gleich im neuen Jahr, ist es ja doch noch Winter geworden in Deutschland, und gerade wenn man sich in den Bergen aufhält, tut ein Saunabesuch in Verbindung mit einer Massage sicher gut. Ab Freitag wird in Ruhpolding der Bedarf an Massagen wohl noch höher sein, denn dann beginnt der 4. Biathlon Weltcup dieser Saison. Vielleicht ganz passend für Schützen, gibt es da gerade in Ruhpolding ein ganz besonderes Angebot:

tachyonmassage

Eine Massage mit Hilfe überlichtschneller Teilchen… Das ist natürlich interessant. Die nicht existenten Meridiane und die nachweislich beliebig austauschbaren Akupunkturpunkte lassen wir an dieser Stelle mal beiseite. Da hier eindeutig von Quantenphysikern die Rede ist, kann in diesem Fall jedenfalls niemand behaupten, die Tachyonen seien nur eine Metapher und es sei eigentlich etwas ganz anderes gemeint.

Dummerweise werden Tachyonen von Quantenphysikern aber nicht als Quelle aller Materie angesehen, sondern eher als ein Zeichen dafür, dass eine Theorie noch nicht richtig ausgegoren ist und wahrscheinlich nicht viel mit der Realität zu tun hat. Nach Teilchen, die schneller sind als das Licht, wird inzwischen immerhin seit über 100 Jahren erfolglos gesucht, obwohl sie eigentlich in jedem größeren Teilchenexperiment hervorstechen müssten wie ein Süßwassersee in der Sahara. So gilt es in der Physik als ein Merkmal einer vielversprechenden Theorie, dass sie „tachyonenfrei“ ist, also keine Tachyonen braucht, um in sich schlüssig zu sein.

Rein mathematisch bekommt man überlichtschnelle Teilchen übrigens durchaus auch in der Relativitätstheorie unter, wenn man unbedingt will. Mann muss nur annehmen, ihre Masse sei imaginär, also ein Vielfaches der Wurzel von -1. Dass man etwas mathematisch rechnen kann, heißt aber noch lange nicht, dass es auch existiert. Der Abfallhaufen der Wissenschaft ist voll von Theorien, die mathematisch korrekt sind, aber nichts mit der Realität zu tun haben. Insofern kann man wohl davon ausgehen, dass reale Teilchen auch eine reale Masse haben und die Teilchen mit der imaginären Masse sehr wahrscheinlich auch selbst imaginär sind.

Mein Artikel zu Tachyonen-Quark im Skeptiker 4/2002 ist leider noch nicht online verfügbar – vielleicht kommt das ja noch. Dafür gibt es von Florian Freistetter einen wunderbaren Artikel, in dem er etwas ausführlicher ausarbeitet, was es mit Tachyonen auf sich hat und warum man die nicht in Bergkristallen einfangen oder damit massieren kann. Wer etwas anderes behauptet und sich dann auch noch auf Quantenphysiker beruft, muss einen experimentellen Beweis vorbringen, dass seine Tachyonen tatsächlich existieren – sonst sind sie eben doch nur Quantenquark.