Mal was Vernünftiges zu Impfungen

Bevor ich wieder etwas über Physik schreibe (versprochen, versprochen), geht es heute doch nochmal kurz um Impfungen. Im Gegensatz zu meiner kleinen Materialsammlung über Clemens Arvay und sein Unterstützerumfeld neulich habe ich heute aber mal ein erfreuliches Thema.

Wenn man sich das Programm der großen Publikumsverlage ansieht, könnte man ja den Eindruck bekommen, Pseudomedizin, Verschwörungsglauben und Esoterik seien bei uns der absolute Normalfall. Bei Bastei Lübbe erscheint Clemens Arvays Agitation für die Verlängerung der Pandemie; Droemer Knaur verlegt Martin Hirtes angebliches „Handbuch für die individuelle Impfentscheidung“, ein nur oberflächlich getarntes Impfgegnermachwerk, und die auflagenstärkeren unter den Unsäglichkeiten von Rüdiger Dahlke finden sich quer durch die Bertelsmann-Gruppe sowie beim zur Ganske-Gruppe gehörenden Verlag Gräfe und Unzer. Bei Gräfe und Unzer erscheinen auch gleich serienweise Homöopathieratgeber mit Highlights wie Homöopathie für Kinder, Globuli statt Pillen und „Die sanften 3 der Naturheilkunde“. Ohne alle gelesen zu haben, kann man getrost davon ausgehen, dass man in diesen Büchern weder den Hinweis finden wird, dass Homöopathie eben nicht Naturheilkunde ist noch den alles entscheidenden: Homöopathie wirkt nicht über den Placeboeffekt hinaus. Weil man mit Büchern über Homöopathie gut Geld verdienen kann, findet man diese wie bei so ziemlich allen anderen größeren Verlagen natürlich auch bei „meinen“ beiden, aber dort eben wenigstens auch deutlichen Widerspruch.

Wenn man jetzt zwischen den ganzen Homöopathieratgebern bei Gräfe und Unzer ein Buch mit dem Titel „Fakten-Check Impfen“ findet, dann kann man leicht auf den Gedanken kommen, dass es sich um Impfgegner-Propaganda wie von Martin Hirte handelt. Vermutlich war es auch genau die Absicht der Autoren, auf diesem Weg die richtigen, nämlich die am Impfen zweifelnden, Leser zu erreichen – gehört doch zum Autorentrio mit Prof. Cornelia Betsch eine der anerkanntesten Expertinnen für für die Psychologie der Impfgegner. Der Mediziner Jan Oude-Aost ist einer der Initiatoren des wissenschaftsnahen Informationsnetzwerks Impfen (INI), das leider noch nicht die Reichweite des Informationsnetzwerks Homöopathie (INH) erreicht hat. Gleichzeitig ist er, auch aus seiner Tätigkeit als Kinder- und Jugendpsychiater heraus, einer derjenigen Skeptiker, die sich für einen verständnisvollen Dialog mit Anhängern antiwissenschaftlicher Glaubenssysteme einsetzen. Nicola Kuhrt ist eine erfahrene Medizinjournalistin und war jahrelang Chefredakteurin der Onlineausgabe der Deutschen Apotheker Zeitung. Inzwischen ist sie mit dem Rechercheportal MedWatch fragwürdigen medizinischen Behauptungen auf der Spur.

Im Sinne eines klassischen Ratgebers richtet sich das Buch vor allem an Leser, die zu Impfungen in irgendeiner Form verunsichert sind. Gleich am Anfang finden sich schon Verweise auf bestimmte Kapitel für Leser, die eher zum Impfgegnerlager tendieren, für Unentschlossene, Zögerliche und für Menschen, die zum Impfen bereit sind. Es geht dabei nicht schwerpunktmäßig um die aktuell heiß diskutierten innovativen Impfstoffe gegen Covid-19, wobei diese natürlich auch erwähnt werden. Gerade dem Thema Impfungen für Kinder wird breiter Raum gegeben, und neben einem Interview mit einer Kinderärztin gibt es praktische Tips, wie man den Impftermin für Kinder möglichst positiv gestalten kann.

Nach einem einführenden, sehr praxisbezogenen Teil gliedert sich das Buch in drei weitere große Abschnitte: Zunächst einmal wird, in viele Einzelfragen aufgeteilt, die Wirkung und Sicherheit von Impfstoffen erklärt. Dazu gehören die unterschiedlichen Impfstofftypen, auch innovative, die erst in der Pandemie in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten sind, ebenso wie Fragen der Erprobung und Zulassung, bis hin zu den auch für zugelassene Impfstoffe nicht selbstverständlichen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). Im folgenden Abschnitt wird ein breites Spektrum an Impfmythen und mehr oder weniger unrealistischen Vorbehalten diskutiert, von Inhaltsstoffen über den vermeintlichen Nutzen von Kinderkrankheiten bis hin zu typischem Verschwörungsdenken. Dann folgt ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal dieses Buches: Ein umfassender Einblick in die Struktur und Argumentationsweise der Impfgegnerszene, von einer Kommunikation, die fast nur noch in der eigenen Blase stattfindet, über das Herauspicken einzelner, methodisch minderwertiger Studien bis zum Nacherzählen reißerischer und oft realitätsferner Einzelfallgeschichten. Abschließend folgen noch Empfehlungen für Diskussionen mit dem Partner und anderen Eltern, ein Quellennachweis sowie Hinweise auf nützliche Informationsquellen im Internet.

„Fakten-Check Impfen“ ist allgemeinverständlich und angenehm zu lesen, wobei die Ratgeberstruktur dazu führt, dass beim Durchlesen von vorne nach hinter gelegentlich der Eindruck relativ erratischer Themensprünge entsteht. Unterhaltsam ist es ebenfalls, nicht nur dank des Vorworts von Eckart von Hirschhausen.

Alle Inhalte sind solide und fachlich belegt, und es ist zu hoffen, dass viele Verunsicherte, vor allem viele Eltern, im Regal mit den Gesundheitsratgebern zu diesem wirklich erfreulichen Werk greifen.

 

Wer mich hierfür bezahlt und warum Quantenquark werbefrei ist

Ich bekomme ja gelegentlich mal Fanpost der… äh… unterhaltsameren Art. In der vergangenen Woche hatte ich zum Beispiel innerhalb von zwei Tagen zwei Mails mit Bezug zu unterschiedlichen Artikeln, deren Schreiber sich beide Gedanken über meine Einkommensquellen machten:

Guten Tag Herr Hümmler
Oder sollte man sagen Himmler, ich habe ihren Beitrag über Herrn Prof. Dr. Turtur gelesen und habe mich gefragt woher es wohl kommen mag das ein einfacher Doktor wie sie es sind die Wissenschaftlichen Erkenntnisse eines Professoren derart in den Schmutz zieht.?
Ich fragte mich, wer wohl ihren Lohn bezahlt damit sie einen Professoren derart schlecht darstellen.?

Auch der zweite Mailschreiber ist offensichtlich nicht nur von Geld, sondern auch von akademischen Titeln besonders faziniert:

Zunächst einmal wäre zu erwähnen, dass es unverständlich erscheint, dass sich ein Individuum mit diesen Qualifikationen nebst Tätigungsbereich
herab läßt und sich in >Meinungsbildende Prozesse< einschleicht, die eigentlich den Medien oder der Politiker-Kaste eigen sind.
Dies ist eigentlich nur zu erklären, wenn hier astronomische Summen fließen, denn ein >Promovierter< weiß sehr wohl, dass die aktuelle Abwendung des Volkes von der herkömmlichen Manipulation , in allen Bereichen, nicht mehr umkehrbar ist.

Nun muss ich sagen, es geht es mir ein bisschen so wie meinen Freunden vom Informationsnetzwerk Homöopathie, bei denen auch irgendwie die Pharmamillionen nie ankommen, mit denen sie angeblich geschmiert werden. Sollten Sie also zufällig wissen, wer mir meine astronomischen Summen von der Deutschland GmbH vorenthält, geben Sie mir doch bitte mal Bescheid…

Um es nochmal deutlich zu sagen: Das hier ist mein Hobby. Ich schreibe diesen Blog und meine Bücher in meiner Freizeit. Ich lebe von meiner selbstständigen Tätigkeit als Zukunftsplaner, die mit meinen skeptischen Freizeitaktivitäten absolut nichts zu tun hat. Wenn überhaupt laufe ich Gefahr, esoterikgläubige potentielle Kunden durch mein Hobby zu verprellen, und wenn ich noch bei einem großen Beratungsunternehmen angestellt wäre, dürfte ich diesen Blog wahrscheinlich gar nicht betreiben.

Durch die Bücher bringt mein Hobby inzwischen auch tatsächlich ein paar Einnahmen. Damit Sie das mal einschätzen können: Ein Sachbuchautor bekommt  typischerweise so um 10 Prozent des Ladenpreises als Honorar, und die Auflagen sind in dem Segment nicht riesig. Wenn 1000 Bücher verkauft sind, ist der Verlag in der Regel schon mal glücklich. Seit es die Bücher gibt, ist sogar gelegentlich mal eine Universität, ein Träger der Volksbildung oder eine Buchhandlung bereit, für einen Vortrag ein Honorar zu zahlen. Das ist in der Summe ein nettes kleines Zubrot, aber einen Stundenlohn rechnet man für das alles besser nicht aus. Will ich auch nicht. Es ist eben ein Hobby.

Und so stellt sich natürlich auch die Frage, wie trägt dieser Blog seine Kosten, und die Antwort ist, gar nicht, abgesehen davon, dass er vielleicht jemanden dazu animiert, eins meiner beiden Bücher zu kaufen. Wenn ganz viele das Quantenquark-Buch direkt über den Link zu Springer rechts oben kaufen, kommt vielleicht irgendwann genug von der kleinen Provision dafür zusammen, dass ich die auch tatsächlich ausgezahlt bekomme. Dafür müssten glaube ich mindestens 15 Euro zusammenkommen, die bisher wohl nicht erreicht sind – es lohnt sich aber auch nicht unbedingt, das dauernd nachzusehen.  Natürlich kann man auf Webseiten Werbung schalten und darüber (bei für den Leser noch erträglicher Bannerwerbung sehr bescheidene) Einnahmen generieren. Da es sich dafür aber nicht lohnt, seine Werbekunden selbst zu akquirieren, macht man das in der Regel über Drittanbieter wie Google Ads. Nach europäischem Recht hat man damit allerdings eine Verantwortung für den Datenschutz bei Google, den man gar nicht kontrollieren kann. Diese Verantwortung kann man dann wieder versuchen, mit 25 Seiten Legalesisch in der Datenschutzerklärung auf den Google und den Leser abzuwälzen. Dann hat man allerdings immer noch das Problem, dass die Seite mit den Anzeigen unter Umständen so aussieht:

Um nicht missverstanden zu werden: Ich finde Scienceblogs mit fast allen, die darauf schreiben, absolut großartig. Ich habe mir auch schon böse Blicke von einem angesehenen Medienjournalisten der FAZ eingehandelt, weil ich ihm ins Gesicht gesagt habe, dass die Wissenschaftsteile der großen Zeitungen sich lange strecken müssen, um an die Qualität der „Amateure“ bei Scienceblogs heranzureichen. Schon früh einer der Hauptgründe, warum ich das Wissenschafts-Blogportal so geschätzt habe, war der großartige Florian Freistetter, mein absolutes Vorbild als Blogger.

Natürlich muss sich auch ein Portal wie Scienceblogs finanzieren, und wenn Google-Werbung dafür der praktikable Weg ist, ist das das gute Recht der Betreiber. Aber man hat dann eben überhaupt keine Kontrolle, wessen Werbung auf der Seite auftaucht. Dass der Google-Algorithmus zu Florians skeptischem Astronomieblog einen Mondkalender anbietet, der die Frage beantworten soll, wann der Mond für die Gesundheit am günstigsten steht, ist ja durchaus witzig. Dass jemand für eine Anzeige zu kostenlosen Pflegehilfsmitteln ausgerechnet ein Bild des Meme-Phänomens „Hide the Pain Harold“ verwendet, fänden wahrscheinlich auch manche Quantenquark-Leser amüsant. Worauf ich aber definitiv keine Lust hätte, ist, dass hier rechtschreibschwache Werbung für ein fragwürdiges Bitcoin-Geschäftsmodell unter Verwendung der Namen von „Höhle der Löwen“ oder anderen Fernsehsendungen und Prominenten auftaucht, nachdem Mimikama seit 2018 mehrfach vor Angeboten dieser Art gewarnt hat. Inzwischen sprechen die an sich sehr vorsichtigen und sachlichen Fake-News-Warner aus Österreich im Zusammenhang mit Werbung dieser Art sogar ganz deutlich von Betrug.

Dass das nicht nur ein Problem von Google ist, sondern auch andere Internetunternehmen Schwierigkeiten mit dem Platzieren geeigneter Werbung haben, sieht man daran, dass zum Beispiel Facebook nach Reiki-Kursen, einer Heilpraktikerausbildung und einem freie-Energie-Generator inzwischen sogar versucht hat, mir ganz reale Aluhüte zu verkaufen:

Insofern, solange ich nicht sicher sein kann, dass Werbung seriös ist und auch wirklich zur Ausrichtung der Seite passt, wird Quantenquark eben werbefrei bleiben. Das heißt im Umkehrschluss allerdings auch, dass Sie mit meinem unprofessionellen Seitendesign aus WordPress-Standards werden leben müssen, weil ich mir zwar den Betrieb der Seite, aber ganz sicher keinen professionellen Webdesigner dafür leisten kann. Das passt ja irgendwie auch ganz gut dazu, dass es eben ein Hobby ist – und bleiben soll.