Eine Abgrenzung zu den Covid-Leugnern – tief aus der Esoterikszene

Wenn ich hier einen Artikel verlinke, finde ich ihn ja normalerweise entweder gut, oder ich nutze ihn als Beleg, dass jemand wüste Verschwörungsmythen oder eben Quantenquark zusammenschwurbelt. Dieser Artikel hingegen ist für sich genommen eher eine begrenzte Leseempfehlung. Die Argumentation trägt eine typische Uralt-68er-Handschrift, mit einer Mischung aus abgestandenem Marxismus („Diese Sichtweise [der Covid-Leugner] entbehrt einer objektiven politischen Theorie“ – nein, sie entbehrt einfach jeglicher Realität!), mystizistischem Kitsch („Der Versuch, vom Ufer aus den Fluss zu regulieren, führt zu Gewalt gegen den Fluss und Widerstand des Flusses gegen diese aufgezwungene Bewegung.“) und Küchen-Psychoanalyse („Die Auflehnung [der Covid-Leugner] gegen die Autoritäten entspringt oft einer Manipulationserfahrung in der eigenen persönlichen Biografie, die irgendwann in der Vergangenheit traumatisch erlebt worden war.“), komplett mit einem Zitat des legendären Altkommunarden Rainer Langhans, der nun „seit vier Jahrzehnten auf dem spirituellen Weg“ sei.

Dass ich diesen Artikel, für dessen Entdeckung ich Tommy Krappweis dankbar bin, dennoch für bemerkenswert halte, liegt an seiner Stoßrichtung, dem Autor und seiner Zielgruppe. Die Einleitung schließt mit den nur zu wahren Worten „Überzeugte »Corona-Rebellen« werden von diesem Aufsatz sicherlich wenig begeistert sein.“ Was folgt, ist eine schonungslose Abrechnung mit der Szene der Hygiene- und Querdenken-Demos, samt einer durchaus zutreffenden Einordnung in den Kontext von neurechter Bewegung und altem Nationalsozialismus. Ähnliches könnte man durchaus auch beim Volksverpetzer lesen – nur würde es da nicht dieselbe Zielgruppe erreichen.

Beim Autor des oben verlinkten Artikels handelt es sich jedoch um Ronald Engert, den Herausgeber der Zeitschrift Tattva Viveka. 29.9.2022: Roland Engert hat mich inzwischen kontaktiert und legt Wert auf die Feststellung, dass der Artikel seine persönliche Haltung wiedergibt und nicht mit der journalistischen Ausrichtung der Tattva Viveka identisch ist. Die Zeitschrift hat, vorsichtig ausgedrückt, eine deutliche Nähe zur Hare-Krishna-Bewegung. Engerts Mitgründer bei Tattva Viveka, Marcus Schmieke, ist hier im Blog auch schon vorgekommen, pikanterweise weil er ganz offensichtlich weniger Abgrenzungsbedürfnis zur rechten Szene hat und zum Beispiel auf den Quer-Denken-Kongressen des Reichsbürgers Michael Friedrich Vogt aufgetreten ist, von denen unter anderem die hessischen NPD-Vorstände Daniel Lachmann und Stefan Jagsch begeistert waren:

Eine Bekannte, die jahrelang in einem Hare-Krishna-Tempel gelebt hat, berichtete von regelmäßigen Besuchen Schmiekes im Tempel, wo ihm große Wertschätzung entgegengebracht worden sei, vermutlich auch wegen seiner großzügigen Spenden. Quelle des Geldes dürften die von Schmieke erfundenen und zum Teil zum Preis von Mittelklasseautos vermarkteten Quantentherapiegeräte sein – womit wir endlich mal wieder beim echten Quantenquark wären.

Die Partnerschaft mit Schmieke war bei Engert allerdings kein Ausreißer – nach seinen Berichten über seine Indienreisen und zum Beispiel seinen Besuch beim „spirituellen Meister“ Sadhu Maharaja zu urteilen, tut man Engert wohl kein Unrecht, wenn man ihn selbst als Hare-Krishna-Anhänger bezeichnet. 2010 gab Engert in der Tattva Viveka dem Scientology-Konzern umfangreichen Raum zur Selbstdarstellung und schrieb in einem eigenen Artikel, er habe bei Scientology nur „ganz normale Menschen“ getroffen. 2018 schrieb Engert einen Jubelartikel über Viktor Schauberger, eine der zentralen Figuren des Nazi-Flugscheibenmythos, und über dessen angebliche „Entdeckung der Levitationskraft“, ohne zu erwähnen, dass Schauberger diese im Auftrag der SS und mit Hilfe von Zwangsarbeitern im KZ Mauthausen erforscht haben wollte. 2002 bescheinigte ein Artikel von Engert den autoritär-esoterischen Familienaufstellungen nach Hellinger, es käme dabei nachweisbar zu außersinnlicher Kommunikation. Zwischendurch bedient er gerne bizarre sexistische Klischees mit Weisheiten wie: „So ist die große Kunst der weiblichen Bewusstseinsform das Nehmen.“ Und natürlich verbreitet Engert gerne Quantenquark, auch unter Berufung auf den naturwissenschaftlich völlig unqualifizierten Sohn des Biophotonen-Spinners Fritz-Albert Popp.

Bei allem Kopfschütteln: Wenn ein solcher Autor für seine Zielgruppe über die Nazi-Verbindungen der Querdenken-Demos aufklärt, vor dem irrsinnigen Verschwörungsmythos QAnon warnt und sich über über meditierende Hygiene-Demonstranten mokiert, dann hat das durchaus einen besonderen Wert. Das gilt nicht nur, aber eben auch für sein unmittelbares Hare-Krishna-Umfeld: Bei der Demonstration in Berlin am 29.8. war auch Hare-Krishna-Chanting zu hören und erlangte durch den unfreiwillig komischen Kommentar eines Bild-Reporters eine ungeahnte Reichweite. 

Den Volksverpetzer, Quantenquark und möglicherweise selbst die FAZ würde ein großer Teil dieser Zielgruppe wahrscheinlich nie lesen. Dass Engert die quer durch die rechte Szene beliebten schwarz-weiß-roten Fahnen dabei pauschal mit Reichsbürgern identifiziert, spielt kaum eine Rolle im Vergleich zu seinem wunderbaren Kommentar über eine Vertreterin der Eso-Partei „Die Violetten“ auf einer der Demonstrationen: „Wenn man nicht weiß, was die Fahne bedeutet, denkt man sich natürlich nichts dabei. Dann ist es einfach schön bunt hier.“ Und auch die Abwege in die Psychoanalyse kann man Engert verzeihen, angesichts ihres Ergebnisses zum Vorbeter der Verschwörungsmythen-Szene Ken Jebsen: „So gesehen wirkt Ken Jebsen wie ein kleiner Junge, der Angst vor seiner Mutter hat.“

Mal wieder ein Schwurblerkongress in einer öffentlichen Einrichtung

In den letzten Jahren musste ich mich ja schon mehrfach darüber aufregen, dass Kongresse mit Inhalten von Quantenheilung über Verschwörungstheorien bis Reichsbürgerpropaganda in von Steuergeldern gebauten Stadthallen und Konferenzzentren stattfinden durften.

Dieses Jahr ist es mal wieder soweit – mit dem dritten derartigen Kongress innerhalb von zwei Jahren in immer derselben städtischen Halle in Bergheim, weswegen ich dieses Mal einen offenen Brief an den Bürgermeister verfasst habe, für den ich auf die Schnelle 26 Mitunterzeichner gefunden habe – von Bürgern aus der Region bis zu Europas wohl renommiertestem Professor für Alternativmedizin.  Ein paar Hintergrundrecherchen gab es für die Kommune auch noch. Mal sehen, was daraus wird.

Offener Brief Bürgermeister Bergheim

Recherchen Akasha-Congress

Update 25.1.18: Inzwischen gibt es eine Reaktion der Stadt, in bester Tradition dessen, was man in Amerika als CYA (cover your ass) bezeichnet… nur leider ohne das eigentliche Problem zu erkennen.

Man könnte ja sagen, in so einer Situation könnte man auch die Stadt erst einmal vertraulich auf die problematische Veranstaltung aufmerksam machen, ehe man an die Öffentlichkeit geht. Leider zeigt unsere Erfahrung mit ähnlichen Veranstaltungen in Hessen, dass man da nicht einmal als örtlicher Bürger eine vernünftige Antwort erhält. Zudem ist die Stadt Bergheim ja sozusagen Wiederholungstäter, und Proteste gab es schon gegen den Quer-Denken-Kongress dort 2016.

Vordergründig handelt es sich beim Akasha-Congress um eine reine Altenaivmedizinveranstaltung ohne offensichtliche politisch extremistische Inhalte. Nicht, dass der medizinische Unsinn nicht schlimm und gefährlich genug wäre. Eine Frau Grünberg hält einen Vortrag mit dem Titel: „Brustkrebs mit Metastasen – na und?“.  Der Heilpraktiker Rainer Körner vermarktet sein „BioLogisches Heilwissen“, das er, wie er auf seiner eigenen Homepage schreibt, aus Ryke Geerd Hamers Germanischer Neuer Medizin entwickelt hat. Gleich drei Referenten kommen aus der MMS-Szene: Ätzende Bleichmittel als angebliche Medizin. Dazu ist vom GWUP-Blog bis zu Publikumsmedien und Behörden inzwischen so viel geschrieben worden, dass ich mir das an dieser Stelle denke ich sparen kann – auch wenn man beim Kopp-Verlag Bücher bestellen kann, die meinen, auch da ginge Probieren über Studieren. Klar, man kann auch probieren, ob es wirklich gefährlich ist, an eine Hochspannungsleitung zu fassen… aber halt nur einmal. Die Kongressreferentin Kerri Rivera praktiziert übrigens eine Form von MMS-Wahn, die ich immer für aufgebauschte Einzelfälle einiger Verwirrter gehalten habe: In ihrer Klinik in Mexiko traktiert sie autistische Kinder mit Chlorbleiche-Einläufen. Und nur für den Fall, dass jemand in diesem Kontext den Quantenquark vermisst: Mit von der Partie ist natürlich auch wieder Enrico Edinger, dessen bizarre Ansammlung akademischer Titel von lustigen Instituten aus Russland jedes Jahr anders auszusehen scheint – vermutlich aus juristischen Gründen. Ob Edinger in seinem Verfahren wegen Betrugs und Titelmissbrauchs vor zwei Jahren eigentlich verurteilt worden ist, kann ich auf die Schnelle nicht herausfinden. Wie schon beim letzten Akasha-Kongress 2016 (auch in Bergheim) und bei Reichsbürger-Aktivist Michael Vogts Quer-Denken-Kongressen 2014, 2015 und 2016 (letzterer auch in Bergheim) und geplant auch für den Gießener WIR-Kongress 2016 erzählt Edinger von der Überlegenheit russischer Weltraummedizin. Er wird also wahrscheinlich mal wieder seinen ENKI Disconder vermarkten, den man sich zum Preis von 1800 Euro um den Bauch binden kann, um die Quanteninformationen seines Unterbewusstseins umzuprogrammieren. Vielleicht stellt er ja auch seine ENKI-Bandanahaube zum Preis von 180 Euro vor, über die im Shop irgendwas mit Infrarotstrahlung fabuliert wird und die wohl tatsächlich funktioniert – als Mütze jedenfalls.

Auch wenn es oberflächlich so aussieht, als wäre das alles – der Akasha-Congress hat auch eine Anzahl höchst bedenklicher politischer Bezüge. Aufgefallen ist mir das zugegebenermaßen selbst als erstes, weil mich das Webdesign irgendwie an den verhinderten WIR-Kongress in Gießen erinnerte, bei dem ja auch Reichsbürger-König Peter Fitzek eine Audienz zugesagt hatte, die er aber ohnehin nicht hätte geben können, weil er da schon im Knast saß.

Akasha-Congress:

WIR-Kongress:

Ja, der Motivations-Betz, der zu meistgefragen Themen bei Sekteninfo NRW gehört, ist auch wieder dabei, aber ich kann mich irgendwie nicht dazu bringen, den interessant zu finden. Da gibt es Schlimmeres.

Die Kongresswebsite schreibt selbst, dass die Moderatorin Vesna Kerstan ihre Karriere bei Jan van Helsings Verschwörungskanal secret.tv begonnen hat – ja, der van Helsing, dessen bekanntestes Buch jahrelang als volksverhetzend beschlagnahmt war. Referent Enrico Edinger berichtet auf der Seite seiner eigenen Firma, dass er schon auf einer Veranstaltung des Honigmanns gesprochen hat, der wegen seiner unbelehrbaren Vorliebe für nationalsozialistische Symbole gerade zur Zeit eine Haftstrafe absitzt. Auf den Referenten Karl Probst berufen sich nicht nur die Vertreter der Germanischen Neuen Medizin. Psiram berichtet noch über ein paar Leichen aus seinem Keller, die ich nach so langer Zeit leider nicht mehr nachrecherchieren kann. Er soll schon 2004 gegenüber seinen Patienten Reichsbürgerideologie vertreten haben (als die noch kaum einer kannte), und weil er demnach auch seine Steuern nicht zahlen wollte, soll es in einem Ermittlungsverfahren des bayerischen Staatsschutzes auch eine Hausdurchsuchung bei ihm gegeben haben. Darüber soll er sich dann auch noch im Neuschwabenlandforum des unfreiwilligen Verschwörungstheorie-Internetstars Dr. Axel Stoll ausgelassen haben. Anfangs- und Schlussredner des letzten Akasha-Kongresses 2016, auch in Bergheim, waren Jo Conrad und Michael Vogt, die Initiatoren der Reichsbürgerkongresse Aufbruch Gold-Rot-Schwarz. Gerade über Vogt habe ich hier ja eigentlich schon genug geschrieben. Die Akasha-Congress-Website verlinkt auch noch ein Video von Initiator Ali Erhan im Interview mit Jo Conrad auf dessen Kanal bewusst.tv und ein Video von Stein-Zeit.tv. Andere Gäste auf Stein-Zeit.tv dürfen regelmäßig über „Die Souveränitätslüge“ fabulieren, unwidersprochen behaupten, die Bundesrepublik Deutschland sei eigentlich kein Staat oder für den „Freundeskreis Heimat und Recht“ werben.

Bei Reichsbürgern hört der Spaß nun wirklich auf.

Wobei, die Akasha-Congress-Website verlinkt ja auch diverse Sendungen des Onlineradios Okitalk, und wenn ich auf youtube sehe, wie Okitalk noch im Januar 2018 Werbung für die vom Insolvenzverwalter zerfledderten Reste von Peter Fitzeks Königreich Deutschland macht, während der im Knast sitzt, muss ich doch wieder lachen.

 

 

Ist Quantenquark rechts?

Entgegen meiner sonstigen Gepflogenheiten möchte ich die Leitfrage dieses Artikels schon gleich zu Anfang beantworten: Nein, ist er nicht. Unsinn gibt es mit jeglicher politischer Couleur, und das gilt auch für Quantenunsinn. Gepachtet hat den niemand.

Damit könnte ich eigentlich auch schon den Leser beschwichtigen, der mich vor ein paar Tagen über das Kontaktformular angeschrieben hat und wissen wollte, „weshalb die meisten der Beiträge“, die ich kritisiere, „als rechte, braune oder in ähnlicher Form offenbar politisch motivierter Quark abgeurteilt werden“.  Der Leser kann in den kritisierten Inhalten „beim besten Willen weder rechte oder braune oder reichsbürgerliche Motivation erkennen“. Ich solle meine Beiträge doch darauf beschränken, „offensichtlichen Quark auf sachlicher meinetwegen wisschenschaftlich fundierter Ebene zu widerlegen.“

Das verwundert mich dann doch ein wenig, auch weil das Beispiel eines geifernden Rechten-Jägers so gar nicht in mein Selbstbild passt. Schließlich habe ich mich in den Zeiten, als ich noch parteipolitisch aktiver war, immer selbst als „Rechten“ gesehen. Wenn ich bei der Friedberger Antifa-Bildungsinitiative (die tatsächlich eine Bildungsinitiative mit vielen spannenden Vorträgen ist) dem „schwarzen Block“ zugerechnet werde, ist damit meine frühere Mitgliedschaft in der CDU gemeint. Im Rahmen meiner skeptischen Aktivitäten habe ich mich bei allzu politischen Themen wie der Klimawandelleugnung oder der Gefährlichkeit von Technologien wie Kernenergie und Gentechnik jahrelang eher zurückgehalten, obgleich ich dazu im privaten Rahmen einiges zu sagen habe. Allzu politische Sichtweisen tun der Wissenschaftlichkeit in der Regel einfach nicht gut, und buchstäblich alle relevanten Parteien haben pseudowissenschaftliche Leichen in ihrem programmatischen Keller.

Wenn hingegen politischer Extremismus mit Pseudowissenschaft vermischt oder gar gerechtfertigt wird, kommt man als Skeptiker nicht umhin, sich dazu zu äußern. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn die Kommunistische Partei Österreichs, das linke Regime in Venezuela oder der staatliche Rundfunk des Iran absurde Verschwörungstheorien verbreiten, ein amerikanischer Sender zur Atmosphärenforschung sei in Wirklichkeit eine Waffe, die künstliche Erdbeben auslöst.

Wer jedoch die Esoterikszene, insbesondere im Umfeld von Verschwörungstheorien, in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat, dem kann nicht entgangen sein, dass die Vermischungen mit rechtem Extremismus deutlich zugenommen haben. Diese Zunahme ist auch weder eine rhetorisch begründete Unterstellung noch subjektives Bauchgefühl. Besonders in den Versuchen, in den letzten fünf Jahren, mit einem vorläufigen Höhepunkt 2014, eine „Querfront“ aus rechten und linken Extremisten zu bilden, spielten Esoterik und Verschwörungstheorien eine zentrale Rolle.

Als ich 2006 den ersten deutschsprachigen skeptischen Aktikel über die Chemtrails-Verschwörungstheorie geschrieben habe, gab es noch keinerlei Veranlassung, Rechtsextremismus darin mit einem Wort zu erwähnen, schienen doch die Vertreter dieses abstrusen Hirngespinstes der linken Umweltbewegung deutlich näher zu stehen als den damaligen Rechten. Der bekannteste Vertreter der Chemtrail-Thesen, Werner Altnickel, war Träger des deutschen Solarpreises und hatte sich gerade erst von Greenpeace getrennt. Heute fabuliert Altnickel auf seinem inzwischen gesperrten Youtube-Kanal („Militärische + Wirtschaftsnachrichten“) über die jüdische Weltherrschaft, die die Deutschen vernichten will und hat offensichtlich keine Probleme damit, zur rechten Szene gerechnet zu werden:

Als die Innsbrucker Frauenforscherin Prof. Claudia von Werlhof 2010 darüber fabulierte, das amerikanische Atmosphärenforschungszentrum HAARP diene in Wirklichkeit dazu, Erdbeben zu erzeugen und könne auch für die Verwüstungen in Haiti verantwortlich sein, erhielt sie Beifall hauptsächlich noch von der Kommunistischen Partei Österreichs. Inzwischen lässt sie sich beim Quer-Denken-Kongress (nicht zum ersten Mal) vom Reichsbürger Michael Vogt interviewen, der auch schon einen Film über den „Friedensflieger Rudolf Heß“ produziert hat. Auf dem gleichen Kongress traten auch der „Deutsche Mitte“-Protagonist Christoph Hörstel, der Haus-und-Hof-Autor des Kopp-Verlags, Gerhard Wisnewski, sowie Querfrontler Jürgen Elsässer auf.

Michael Vogt, der mehrfach als Initiator von Reichsbürger-Veranstaltungen aufgefallen ist und eine Honorarprofessur nach Kontakten zur NPD verloren hat, begrüßt in seinem Quer-Denken-TV und auf den zugehörigen Konferenzen eine Vielzahl von Größen der Esoterikszene, darunter einige, die vor 2014 kaum in einem politischen Umfeld in Erscheinung getreten sind, manche aber vielmehr durch Quantenquark. Hierzu gehört zum Beispiel der Hare-Krishna-Anhänger Marcus Schmieke. Schmiekes abstruse Vorstellungen von Quantenphysik sind eigentlich einen eigenen Artikel wert… naja, vielleicht sind sie es auch nicht wert. Sein Geld verdient er offenbar vor allem mit dem Timewaver, einem Gerät, das durch Veränderung eines angeblichen, pseudophysikalischen „Informationsfeldes“ Krankheiten heilen und Unternehmen beraten soll. Das Gerät soll allein von über 1500 Therapeuten genutzt werden – bei fünfstelligen Stückpreisen für die Therapeutenmodelle lässt das auf beachtliche Umsätze schließen. Inzwischen tritt der Mantra-lehrende Krishnajünger aber auf derselben Veranstaltung auf mit Holocaust-Bezweiflern, Verschwörungs-Schwurblern und Führern randständiger Parteien, die bei Veranstaltungen auch schon einmel Plakate der eigentlich konkurrierenden NPD als Transparente benutzen. Weiteren Quantenquark ins gleiche Umfeld bringt Dr. Michael König, der jahrelang eine Ausbildung zum „zertifizierten Quantenpraktiker“ anbot. Außer bei Vogt tritt König auch bei dessen Reichsbürger-Kollegen Jo Conrad auf.

Vogts Quer-Denken.tv und Conrads bewusst.tv sind jedoch bei weitem nicht die einzigen Online-Angebote in denen Quantenquark in bester Eintracht mit Antisemitismus, Verschwörungsdenken und Reichsbürger-Ideologie verbreitet wird. 78 Artikel zu „Quantenphysik“ und „Quantenmedizin“ finden sich auf Wissenschaft 3000 – unter anderem mit dem verurteilten Betrüger Hartmut Müller als Experten. Neben der Behauptung, die Erde sei eine Scheibe, findet sich an gleicher auch Werbung für den „Staat Ur“ des Reichsbürgers Adrian Ursache, der gerade wegen Mordversuchs vor Gericht steht. Auch das Königreich Deutschland des gerade wegen verschwundener Millionen im Gefängnis sitzenden Goldenes-Brett-vor-dem-Kopf-Preisträgers Peter Fitzek wird auf Wissenschaft 3000 hofiert. Da wundert es nicht, dass „Quantenphysik“ auch bei den Geistesgrößen im Königreich selbst ein Thema ist.

Dass die Verknüpfung von falscher Physik und problematischer politischer Agitation eine hundertjährige Tradition hat, zeigt sich in einem aktuellen Arktikel von meinem langjährigen Skeptikerkollegen Markus Pössel. Pössel, inzwischen Leiter des Hauses der Astronomie, beleuchtet darin die antisemitischen Motive hinter vielen Anfeindungen gegen Einsteins Theorien.

Weitere Beispiele von Verbindungen zwischen Quantenquark und der rechten Szene habe ich bereits im Januar hier aufgeführt. Das war allerdings bislang auch der einzige Artikel zu diesem Thema hier. Daher ist für mich schwer nachvollziehbar, wie der ominöse Leserbriefschreiber darauf kommt, in meinen „Diffamierungsartikeln“ würden „die meisten der Beiträge die Sie erwähnen als rechte, braune oder in ähnlicher Form offenbar politisch motivierter Quark abgeurteilt werden“.

Da ist es schon fast beruhigend, dass nicht alle derartige Fanpost mir politische Motive unterstellt- zum Teil halten die Schreiber mich auch für einen Fälscher, für bezahlt (schön wär’s) oder einfach für dumm:

Hallo Herr Dr. Hümmler,

wie kann man als ernstzunehmender Wissenschaftler nur so ein dummes Zeug schreiben.

Ich vermute, dass Ihr Doktortitel ein Plagiat ist, oder Sie gehören zu den Leuten, die dafür bezahlt werden dass sie die Nullpunktenergie als Humbug darstellen. Diese Energie wird früher oder später zum Einsatz kommen, daran arbeiten inzwischen viele Menschen.

Oder sind Sie vielleicht tatsächlich Dumm? denn: Was der Bauer nicht kennt….

Ausserdem finde ich es bezeichnend, dass auf Ihrer Homepage eine falsche Mailadresse steht.

Gruss

W.  Herbst

Ich muss zugeben, dass es dem Schreiber tatsächlich gelungen ist, mich genug zu verunsichern, dass ich eiligst auf allen meinen Webseiten meine Mailadressen nachgeprüft habe… es waren natürlich alle richtig.

Ich muss allerdings auch sagen, ich bekomme hier auch erfreuliche Zuschriften. Manchmal sogar sehr erfreuliche, zum Beispiel von Martin Piehslinger, der mich auf seine sehr wohlwollende Rezension zum Quantenquark-Buch auf seiner Homepage hingewiesen hat.

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im Zusammenhang mit dem Buch gibt es ganz aktuell sogar tatsächlich eine Möglichkeit, wie Sie mich für diesen Blog bezahlen können, wenn Sie denn möchten: Bestellen Sie das Buch (oder ein anderes aus dem Springer-Nature-Verlag) anstatt über den Buch- oder Onlinehandel einfach über den Link rechts oben direkt beim Verlag, und ich bekomme eine kleine Provision.

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Artikel Ende. Und ich hoffe, ich muss zu diesem Thema nicht so bald wieder schreiben.

Quantenquark und braune Sauce

Was hat rechte Esoterik eigentlich mit Quantenquark zu tun? Am Ende des vorletzten Artikels

Zwei Vortragstermine – relativ quantenfrei

hatte ich diese Frage aufgeworfen. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass es bei rechter Esoterik eben nicht nur um Vorstellungen von fackeltragenden SS-Männern auf der Wewelsburg oder um Verschwörungstheorien über Hitlers angebliche Geheimwaffen oder Zufluchtsorte in der Antarktis geht. Es gibt auch ganz andere, zunächst völlig unpolitisch daherkommende Formen von Esoterik, die rechtsextreme Propaganda oder Reichsbürger-Ideologie untermauern, verbreiten oder finanzieren. Das wird vor allem im Umfeld der sogenannten alternativen Medien im Internet deutlich, deutlicher vielleicht als in der Offline-Welt, in der Politik eher von klassichen Partei- oder Bürgerinitiativen-Strukturen geprägt ist. Betrachtet man zum Beispiel das Angebot des Sammelportals alternativ.tv, so findet sich dort auf der Titelseite zwar vor allem rechte Politik, aber im Angebot der dort gesammelten Kanäle sind Esoterik und Verschwörungstheorien praktisch allgegenwärtig.

Ja, „alternative Medien“ – können Sie sich noch an die Zeiten erinnern, als man bei dem Wort „alternativ“ noch an langhaarige, Sandalen tragende Linke dachte? Heute hat man es da eher mit langhaarigen Rechten zu tun, die auch noch stolz darauf sind, wenn man ihnen bescheinigt, wenig politische Skrupel zu haben:

Nicht nur Verschwörungstheorien, auch Quantenquark auf rechten Internet-Kanälen gibt es. Damit meine ich jetzt nicht, dass Frank Baars bei bewusst.tv mit dem Reichsbürger-Aktivisten Jo Conrad über „Quantengeheimnisse“ plaudert. Baars versteht unter Quantengeheimnissen nämlich tatsächlich seine Vorstellung, dass man alle möglichen Krankheiten heilen könne, indem man auf seinen Füßen herumdrückt. Diese augenzwinkernde Begriffsverwendung ist mir ja schon fast wieder sympatisch – im Gegensatz zum Rest des Videos und der ganzen Seite.

Ein paar Dinge aus der Richtung hatte hier auch schon einmal angesprochen. Da wäre zum Beispiel quer-denken.tv von Michael Vogt, einem Reichsbürger-Buddy von Jo Conrad, der Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß gerne als „Friedensflieger“ bezeichnet. Dort kann unter anderem Walter Thurner seine Quantentherapiegeräte bewerben und behaupten, Elementarteilchen seien Wesen und hätten ein Bewusstsein. Michael Vogts Online-TV-Kanal verlinkt auch zu den diversen Videos mit dem Mediziner Enrico Edinger ein paar… sagen wir… interessante Quantenprodukte. Da wäre zum Beispiel ein Quantenkraftstein, ein etwa handtellergroßes farbiges Objekt aus gepresstem Holz zum Preis von sensationellen 800 Euro. Die ausführliche Produktbeschreibung des Herstellers enthält in einem Absatz so viele bizarre Behauptungen zur Physik, dass ich hier einen eigenen Artikel bräuchte, um auf alle einzugehen. Interessant ist auch ein Gerät, das für 1800 Euro die Quanteninformationen unserer Psyche überschreiben soll – indem man es sich um den Bauch bindet. Solche Produkte sind natürlich per se nicht politisch, aber wenn beim „redaktionellen Inhalt“ so direkt Produktdatenblätter verlinkt werden, dann liegt es nahe, dass der Verkauf der Produkte irgendwie zur Finanzierung des Programms beiträgt. Noch etwas deutlicher wird es, wenn „Matrix Power Quantenheilung“ mit „13-Strang-DNS-Aktivierung“ auf der selben Seite einmal als redaktioneller Inhalt und einmal als Werbebanner auftaucht.

Tatsächlich besteht der größte Teil der Rubrik „Quantenphysik“ auf quer-denken.tv aus Videos, in denen Produkte vorgestellt werden. Zu dem quer-denken-Programm, das offenbar so mitfinanziert wird, gehört dann aber zum Beispiel die Behauptung, die Morde des NSU seien keine Morde des NSU. Daneben werden zum Beispiel der „herrschenden Klasse“ und unserer „Kanzlerdarstellerin“ satanische Rituale unterstellt, und behauptet, die EU sei die Umsetzung eines Plans aus dem Dritten Reich.

Quantenquark dient in diesen Beispielen also ganz offensichtlich zur Finanzierung von Verschwörungstheorien und rechter Propaganda. Das ist aber nicht alles. Quantenquark ist an anderer Stelle auch Teil der Rechtfertigung und Argumentation stark rechtslastiger Vorstellungen, vor allem im Zusammenhang mit Verschwörungstheorien. Das zeigt sich zum Beispiel auf Secret.tv, einem Internetangebot, das von Jan van Helsing (Jan Udo Holey) gegründet wurde. Van Helsing wurde vor allem durch glorifizierende Verschwörungstheorien um angebliche Wundertechnologien des Dritten Reiches bekannt. Das „Manifest“ von van Helsings Nachfolger beruft sich auf die Quantenphysik für die Behauptung, es gäbe keine physische Realität und Wahrheit sei etwas rein Subjektives. Ob sich so etwas tatsächlich aus der Quantenphysik folgern lässt, ist ein Thema, über das ich auch mal einen Artikel schreiben muss. Hier wird diese Behauptung jedenfalls als Rechtfertigung benutzt, um allerlei Verschwörungstheorien zu verbreiten.

Auch bei den Verschwörungstheorien rund ums CERN, auf die ich schon mehrfach im Detail eingegangen bin, spielt öfters rechtsextreme Propaganda eine Rolle. Schon da tauchte der Honigmann-Blog auf, der weniger für Honig als für Antisemitismus, Ausländerhass und Verschwörungstheorien bekannt ist. Im Februar soll bei einem Honigmann-Treffen ein mir unbekannter Referent namens Oliver Barth über „Von der Quantenphysik zum Bewußtsein“ sprechen. Der Titel lässt auf Quantenquark vom Feinsten schließen, aber so richtig übel wird es im Umfeld dieses Vortrags. Der Vortrag direkt davor bezeichnet „Masseneinwanderung“, also offenbar die Flüchtlingswelle seit 2015, als „Angriff auf Deutschland“. Am gleichen Tag bekommt dort auch noch das Chemtrail-Schwurbler-Fossil Werner Altnickel das Wort – genau, der aus dem wenig-Skrupel-Tweet oben. Wer Altnickel noch nicht kennt, kann sich in seinem aktuellen Video „Militärische + Wirtschafts- Nachrichten Januar 2017“ ansehen, wie er (ab Minute 16:28) die Europäische Union auf einen Plan zurückführt, Europa zu einer „negroid-asiatischen Mischrasse“ umzuformen, „mit Unterstützungsgeldern übrigens von Rockefeller und Co“. Was der Honigmann höchstpersönlich schon morgens über die aktuelle politische Lage zu berichten hat, will ich dann gar nicht mehr so genau wissen. Wer sich gruseln will, kann sich ja mal die Honigmann-Nachrichten reinziehen.

Auf der Seite „Aufwachen 2014“ verbinden sich Quantenquark und Antisemitismus noch viel direkter. Unter dem Titel „Wacht auf oder geht zugrunde“ fabuliert die russisch-amerikanische Philosophin Irene Caesar über eine Quantensprung-Technologie, die offenbar auf den Gesetzmäßigkeiten der Quantenphysik beruhen soll. Mit dieser Quantensprung-Technologie begründet sich unter anderem das bioaktive Wasser zur Behandlung unheilbarer Krankheiten, das man bei Caesars Firma kaufen kann, ebenso wie die Mini-Tesla-Generatoren für 1000 bis 2000 Dollar. Diese sollen nicht, wie der Name vermuten lässt, Energie aus nichts erzeugen, sondern ein Hologramm gesunder Zellen durch den Körper verbreiten. So weit, so Quark. Dazu beschwert sich Caesar aber, dass dieser Quantensprung von den Zionisten sabotiert wird. Diese Zionisten haben für Caesar auch die Ukraine gegründet, wollen den armen, friedfertigen Wladimir Putin eliminieren, und, wie könnte es anders sein, selbst Hitler war für Caesar nur ein Projekt der Zionisten. Und der Gegner der Zionisten ist der Nationalismus. Wenn alle Nationen für sich nationalistisch sind, dann ist an alle Nationen gedacht – das soll mit den Gesetzmäßigkeiten der Quantenphysik im Einklang stehen, weil es irgendwie holographisch sei, meint Frau Caesar, die von Hologrammen offensichtlich genauso wenig versteht wie von Quantenphysik. Wenn Sie nicht glauben wollen, dass jemand so etwas tatsächlich sagt oder sie ganz viel Langeweile und schwarzen Humor haben, können Sie sich das Interview auch in zwei Teilen je einer Stunde im Original auf Video ansehen.

Zwischen Quantenquark als reiner Geldquelle für rechte Medien und unmittelbar rassistischem oder antisemitischem Quantenunsinn gibt es allerdings noch diverse Abstufungen. So kann man auch um die Unterdrückung angeblicher „freier Energie für alle Menschen“ durch „die da oben“ eine Verschwörungstheorie stricken, auf der dann andere ihr ideologisches Süppchen kochen können. Über die angebliche Unterdrückung solcher Technologien sprach zum Beispiel der Wolfenbütteler FH-Professor Claus Turtur auf der achten „Antizensurkonferenz“ (AZK) in der Schweiz. Auf derselben Konferenz redete dann auch Sylvia Stolz, die ehemalige Anwältin des Holocaust-Leugners Ernst Zündel, über ein angebliches Verbot, diesen zu verteidigen. Vom damaligen Verfahren war sie unter anderem deshalb ausgeschlossen worden, weil sie eine Beschwerde an das Gericht mit „Heil Hitler“ unterschrieben hatte.  In ihrem Vortrag auf der Antizensurkonferenz  leugnete sie dann selbst den Holocaust, wofür sie einmal wieder zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.

Ein Video mit dem volksverhetzenden Vortrag von Frau Stolz werde ich hier nicht verlinken, aber der Vortrag von Turtur ist auch aus Quantenquark-Sicht interessant. Er rechtfertigt nämlich seine Behauptung einer angeblich unbegrenzt verfügbaren freien Energie unter anderem mit dem physikalischen Konzept der Vakuumenergie, und auf das bin ich hier noch nie näher eingegangen. Die Vakuumenergie wird daher der abschließende Teil dieser kleinen dreiteiligen Artikelserie werden:

Die Energie von Professor Turturs Vakuum

Quanten sind Wesenheiten mit einem Bewusstsein. Das meint der ernst.

Immer, wenn man meint, es geht nicht mehr schlimmer, treibt jemand den Quantenquark in neue Höhen.

Meinen aktuellen Favoriten hat ein aufmerksamer Leser auf dieser Seite hier gefunden:

winsindeins

Die Seite selbst verbreitet in ihren anderen Artikeln alles Mögliche von buddhistischer Meditation und „Hochsensitivität“ bis hin zu Werbung für den Bruno-Gröning-Freundeskreis (samt Link zum Kopp-Verlag) und Reichsbürgerpropaganda. Der eingebundene Film passt da bestens ins Bild – er stammt nämlich aus Quer-Denken.tv, und das Interview führt Quer-Denken-Macher Michael Vogt, der sich in der Reichsbürgerszene ganz offensichtlich auch pudelwohl fühlt. Mit Quer-Denken.tv und ähnlichen rechtsesoterischen Videoprojekten werde ich mich am 26.1. bei Skeptics in the Pub in Köln unter dem Titel „Heiler, Heil, Geschäftemacher – rechte Esoterik im Internet-TV“ ausführlicher beschäftigen, und wer mehr über Reichsbürger wissen möchte, dem sei der Eisenfraß-Blog empfohlen.

Hier soll es ja um Quantenquark gehen, und in dem verlinkten Video gibt es reichlich davon.

Herr Vogts Interviewpartner Walter Thurner kommt nach eigener Angabe aus der Freie-Energie-Szene, er glaubt also, dass man Energie aus nichts erzeugen kann, und das begründet er… mit was wohl… natürlich mit Quanten. Im hinteren Teil des einstündigen Videos demonstriert er immerhin ziemlich eindrucksvoll, wie er aus seinen seltsamen Quantentheorien Geld erzeugen kann. Da preist er nämlich seine Therapien und Geräte an, was wohl der Hauptzweck des ganzen Interviews sein dürfte.

Davor kommen aber ein paar echte Höhepunkte des Quantenquarks. Den Anfang macht gleich Michael Vogt, der in seiner Anmoderation erst mal voraussetzt, dass Quanten und Bewusstsein dasselbe sind. Das kann Herr Thurner aber locker überbieten, indem er den fälschlich so bezeichneten Beobachtereffekt der Quantenmechanik benutzt, um kleinsten Teilchen Intelligenz zuzuschreiben: „Die Quanten sind sehr extreme Wesenheiten, wenn die wissen, bei einem Versuch, ob ich hinschau oder wegschau, die haben keine Augen, die wissen aber, dass ich hinschau und bringen andere Ergebnisse als wenn ich wegschau.“ So ist für Herrn Thurner klar: „Das müssen Wesenheiten sein; die müssen ein Bewusstsein haben.“ Wohlgemerkt, wir sprechen hier von Elementarteilchen. Immerhin, das Bewusstsein würde erklären, warum Frauen mit den Quanten sprechen können.

Nur mal zur Klarstellung: Der angebliche Beobachtereffekt kommt daher, dass man zum Beobachten kleinster Teilchen große Messgeräte braucht, deren Wechselwirkung mit den Teilchen das Gesamtsystem verändert. Ob auf das Messgerät tatsächlich ein Beobachter draufschaut oder ob die Messergebnisse niemals von irgendwem gesehen und auch nicht gespeichert werden, ist für diesen Effekt völlig egal, weswegen ich den Begriff „Messungseffekt“ vorziehen würde. Fachlich korrekt spricht man in der heutigen Physik von „Dekohärenz“.

Das hält aber Herrn Thurner nicht auf. Als nächstes nimmt er sich den Welle-Teilchen-Dualismus vor, den er genausowenig verstanden hat: „Was wir in der Quantenwelt entdecken, dass es […] Welle und Teilchen gleichzeitig ist, das wirkt sich ja in unserer Welt auch aus. Damit ist ja gesagt, unsere Welt gibt’s nicht. Das ist ja nur eine Illusion.“

Dieser Schluss ist natürlich sehr praktisch, wie er im Weiteren erläutert. Dass ein Schwerstkranker sich selbst als Besitzer einer defekten Niere erlebt, sei ja nur eine Information. Wenn man diese Information in der Quantenwelt ändert, könne er sich dann einfach wieder mit einer gesunden Niere erleben. Dazu braucht man dann nur noch die Geräte, die Herr Thurner verkauft.

Mit diesen Geräten erspart man sich auch noch die Einnahme möglicherweise unangenehm schmeckender Medikamente: „Ob ich jetzt den Kamillentee trink und die Substanzen im Magen hab, die ich dann verdaue, aber neben den Substanzen trägt die Kamille ja auch eine Information. Und nicht die Substanzen kommen zur Wirkung, sondern die Information. Und wenn ich die Information auf andere Art den Zellen zuführe, dann ist es auch gut, und das machen wir eben über die Quanten.“

Die Technologie, mit der Herr Thurner zu diesen Erkenntnissen gelangt ist, ist, wie er selbst erklärt, der Tensor. Bedauerlicherweise spricht er dabei nicht von der Tensorrechnung, die in der Quantenmechanik wie in vielen anderen Bereichen der Physik tatsächlich eine große Bedeutung hat. Was Thurner und diverse Esoteriker als Tensor bezeichnen (andere benutzen auch den Begriff Einhandrute), ist einfach ein Handgriff, an dem über eine lange, federnde Verbindung ein Gewicht befestigt ist. Das Ganze hat große Ähnlichkeit mit einem Katzenspielzeug aus dem Heimtierbedarf und dient letztlich dem gleichen Zweck wie ein Pendel oder eine Wünschelrute: Es schaukelt winzige, unwillkürliche Bewegungen der Hand auf und macht sie dadurch sichtbar, wozu man sich dann allerlei Unsinn zusammenschwurbeln kann, nicht zuletzt auch, dass man damit Zugang zur Quantenwelt erhält.

Bleibt die Frage, wie kommt man auf solches Zeug? Eine mögliche Erklärung dafür findet sich schon ziemlich am Anfang des Interviews: „Man muss ja eigentlich bei dieser Technologie, beim Tensorn, den Verstand ausschalten.“ Vielleicht sollte Herr Thurner einfach nicht so viel tensorn.